Schwarz-Gelb: Ein Fazit

Für Merkel kommt es zur Zeit wirklich ganz dicke: Derzeit werben die Kanzlerin und ihre Getreuen ja massiv um Zustimmung der Unions-Abgeordneten für die kürzlich beschlossene Reform des Euro-Rettungsschirms. Die Zustimmung der Unions-Abgeordneten ist deshalb so wichtig, weil die Kanzlerin bei der Abstimmung im September dringend eine Mehrheit im Bundestag braucht - sollte die Koalition keine eigene Mehrheit erringen, wäre das vermutlich das Aus für diese Regierung. Von daher ist es, aus Merkels Sicht, umso ärgerlicher das die kritischen Unions-Abgeordneten mit dem Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses Wolfgang Bosbach einen überaus prominenten Wortführer bekommen haben. Im Focus sagte Bosbach am Sonntag wörtlich:
„Aber wenn sich an den jetzigen Plänen nichts Wesentliches ändert, kann ich nicht zustimmen“
Bei dieser Haltung ist er bis heute geblieben - obwohl er aufgrund seines Neins mit zunehmenden Druck seitens der Parteiführung rechnet. Und den Druck scheint es tatsächlich zu geben, denn heute konnte man von Bosbach folgendes in der FAZ lesen:
„Jetzt muss ich mich schon dafür rechtfertigen, dass ich heute noch zu dem stehe, was ich gestern gesagt habe,“ empört sich der CDU-Mann aus dem Rheinland. „Das muss man sich mal vorstellen.“
Trotzdem bleibt er hart und begründet seine Nein wie folgt:
„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zwar Zeit kaufen und die nächste krisenhafte Entwicklung vielleicht etwas hinauszögern.“ Doch gelöst werde mit dem, was die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble im Juli mit ihren Kollegen in Brüssel verabredet haben, keines der bestehenden Probleme. „Wir brauchen aber eine dauerhafte Lösung, damit wir nicht in den Abgrund schauen“, warnt Bosbach.
[...]
Auch müssten die privaten Gläubiger(-Banken) an den Verlusten beteiligt werden - schon dass es darüber eine Debatte gibt, hält Bosbach für unbegreiflich. Und schließlich wieder grundsätzlich und politisch: „Wir haben nach und nach ein Versprechen nach dem anderen einkassiert.“
Als wäre das noch nicht schlimm genug, gerät jetzt auch noch Finanzminister Schäuble in die Defensive, wie die FAZ zu berichten weiß:
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss sich gegen den Vorwurf verteidigen, er wolle die Ausweitung der Befugnisse des Euro-Rettungsfonds EFSF mit den Partnerländern in der Eurozone am Deutschen Bundestag vorbei vorantreiben. Dieser Vorwurf kursiert in beiden Regierungsfraktionen; allen voran sorgt sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) um die Rechte des Parlaments.
[...]
Nach einer Bestimmung im Entwurf des von Schäuble mit dem Vermerk „vertraulich“ versandten Rahmenvertrages soll sich das Direktorium des EFSF selbst Richtlinien geben können, in denen die „Preisbildung, politische Bedingungen, Nutzungsbedingungen und Dokumentation“ der neuen Handlungsinstrumente konkretisiert werden. Darin sehen Kritiker die Gefahr, dass die nationalen Parlamente ihres Rechts, über den Haushalt zu bestimmen, beraubt werden.
Zusätzliche Unruhe, falls das überhaupt noch möglich ist, brachte dieser Vorstoss von Zensursula in die Debatte:
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sorgt in der Euro-Debatte für Wirbel. Die CDU-Politikerin will künftige Hilfevergaben aus dem Rettungsfonds durch umfangreiche Sicherheiten des betreffenden Landes garantieren lassen. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte die Ministerin, die auch Vize-Parteivorsitzende der CDU ist, viele dieser Länder verfügten über umfangreiche Goldreserven und Industriebeteiligungen, die sie für solche Besicherungen einsetzen könnten.
Und genau diesen Zeitpunkt - da Merkel nicht nur um Zustimmung für ihr Euro-Krisenmanagement, sondern im Grunde um den Erhalt ihrer Regierung kämpft - suchte sich Bundespräsident Christian Wulff für ungewöhnlich scharfe Kritik am Krisenmanagement aus:
Bundespräsident Christian Wulff hat das Vorgehen von Spitzenpolitikern und Währungshütern in der Euro-Krise in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert. Er deutet sogar an, dass dieses illegal sein könnte. "Ich halte den massiven Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die Europäische Zentralbank für rechtlich bedenklich", warnte Wulff an diesem Mittwoch in Lindau am Bodensee.
[...]
Wieder verdienten Finanzmarktakteure Provisionen ohne jedes Risiko. Wulff sagte, eines der Grundprinzipien der Marktwirtschaft sei "Risiko und Haftung gehen Hand in Hand". Wer Risiken eingehe, könne auch scheitern. "Dieses Prinzip muss auch für den Finanzsektor gelten, für kleine Anleger wie für große Finanzinstitute."
Für die Kanzlerin kommt diese Kritik zu absoluten Unzeit - ist sie doch Wasser auf den Mühlen der Euro-Rettungsschirm-Reform-Skeptiker in den eigenen Reihen. Das der Bundespräsident, den Merkel selbst ins Amt gelobt hatte, diese massive Kritik trotzdem genau zu diesem Zeitpunkt bringt, lässt tief blicken.

Aber auch das ist noch nicht alles - auch Alt-Kanzler Kohl hat sich just mit heftiger Kritik zu Wort gemeldet:
Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl ist äußerst besorgt über den Zustand Europas. Am Mittwoch warnte er vor einem Auseinanderbrechen der EU.
[...]
Allerdings seien die Fehler mit Griechenland in der Vergangenheit gemacht worden. Mit ihm als Bundeskanzler hätte Deutschland der Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone "nicht zugestimmt". Auch hätte Deutschland unter seiner Führung "nicht gegen den Euro-Stabilitätspakt" verstoßen, betonte Kohl - und griff damit auch indirekt Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel an.
Besonders heftig kritisierte er auch die Außenpolitik:
"Deutschland ist schon seit einigen Jahren keine berechenbare Größe mehr - weder nach innen noch nach außen", sagte Kohl. Er frage sich, "wo Deutschland heute eigentlich steht und wo es hin will", erklärte der CDU-Politiker mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen.
Dass US-Präsident Barack Obama bei seinem jüngsten Besuch in Europa Deutschland nicht besucht habe, sei früher unvorstellbar gewesen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht alles verspielen. Wir müssen dringend zu alter Verlässlichkeit zurückkehren", betonte der ehemalige Bundeskanzler.
Ganz nebenbei kritisierte er noch die Abschaffung der Wehrpflicht als Fehler, die deutsche Enthaltung bei der Libyen-Abstimmung war für Kohl jedoch scheinbar, wenn man seine heftige Kritik der deutschen Außenpolitik betrachtet, geradezu ein GAU. Und damit steht er nicht alleine dar, gerade angesichts des vor seinem Ende stehenden NATO-Einsatzes, kocht die Kritik an dieser Enthaltung im allgemeinen und an Außenminister Westerwelle im besonderen hoch - z. B. hier in der FAZ:
Sicher ist, dass ohne das Eingreifen der Nato einen Monat nach dem Beginn der Unruhen im ostlibyschen Benghasi Gaddafi den Aufstand gegen seine mehr als 40 Jahre währende Herrschaft blutig niedergeschlagen hätte.
[...]
Dass die deutsche Diplomatie in diesem Augenblick versagte, aus der westlichen Einheitsfront ausscherte und seine europäischen Partner Britannien und Frankreich mit einer Stimmenthaltung im Stich ließ, wird Folgen haben. Ausgerechnet Deutschland, das stets als Befürworter einer europäischen Verteidigung aufgetreten ist, hat den Ländern, die für dieses Ziel unentbehrliche Verbündete sind, mit vorgeschobenen Argumenten, hauptsächlich aus innenpolitischen Motiven, die Solidarität versagt. Für die sicherheitspolitische Glaubwürdigkeit Berlins ist das ein nachwirkender Schaden. Die Rechtfertigung des Außenministers, man wolle keine Bodentruppen entsenden, war von Beginn an eine Ausrede – das wollten auch Briten und Franzosen nicht, von den Amerikanern zu schweigen; die jetzt zur Schau getragene Freude über den Sieg der Aufständischen wirkt umso peinlicher.
Wesentlich heftiger formuliert das die Zeit, unter dem Titel Westerwelle verhöhnt das libysche Volk schreibt sie:
Deutschland hat sich daran gewöhnt, ohne Außenminister auszukommen. Was unbedingt an Außenpolitik nötig ist, erledigen das Kanzleramt und das Verteidigungsministerium. Auch im Ausland hat man sich darin eingerichtet, in Fragen internationaler Politik ohne Deutschland auszukommen.
[...]
Von dieser Erkenntnis ist der Mann weit entfernt, der qua Amt zuständig ist für Deutschlands Außenpolitik. Seit Montag lässt Guido Westerwelle keine Gelegenheit aus, die vermeintlichen deutschen Verdienste am nahen Sieg der libyschen Rebellen hervorzuheben. Zufrieden stellte er fest: "Deutschland hat einen wichtigen Beitrag geleistet." Die Sanktionspolitik der Bundesregierung "war augenscheinlich erfolgreich", verkündete er im Deutschlandfunk – und macht noch einen weiteren Faktor aus, der Libyens Freiheitskämpfern maßgeblich geholfen habe: Deutschland habe "schon früher als viele andere, sich klar gegen das Unrechtsregime von Gadhafi gestellt."
Das ist nicht nur unbeholfen, es ist zynisch. Denn in Wahrheit hat die Bundesregierung dem libyschen Volk nicht nur nicht geholfen, als es von Gadhafis Soldaten aus Panzern und Flugzeugen beschossen wurde. Sondern sie hat ihm damals vor einem halben Jahr auch ziemlich explizit mitgeteilt, wie gleichgültig ihr sein Schicksal ist.
 
Unter der "Führung" von Schwarz-Gelb erlebe ich ebensowenig eine Veränderung in eine mir gefallende Richtung unserer Gesellschaft wie unter jeglicher anderer Regierung die in meinem Leben an der "Macht" war. Hier ist als eine Veranschaulichung die Abhängigkeiten von Menschen zu nennen, die ihrem eigenen Vorteil eher entgegenstreben wie dem der Gesamtheit.

Ebensowenig wie alle anderen Parteien verfolgen sie in ihrer Gesamtheit Ziele und Ideen die den meinigen entsprechen würden. Hedonismus im alltäglichen Gebrauch wird mir zu sehr angestrebt um die Tendenz darzustellen. Ist dies noch für mich verständlich da der Konsens häufig davon abweicht muss ich allerdings feststellen, dass Schwarz-Gelb auch diesem nicht gerecht wird, wie auch Niemand der anderen die sich zur Wahl stellen.

Die Werte die in den Vorstellungen von Schwarz-Gelb verankert sind, wie aber auch in jenen der anderen Parteien, sind für die Gesellschaft auf lange Sicht nicht von Vorteil. Selbst Nachhaltigkeit als verwendeter Begriff in der Popaganda, wie als angeblich angestrebte und gelebte Tugend, wird tendentiel für die Mehrung von Kapital auf kurze Sicht und häufig persönliche Bereicherung verwendet.

Entwicklungen könnten durch Gesetze und Kapitalflüsse in einer optimaleren Weise vorrangetrieben werden wie das aktuell der Fall ist. Einschränkung der Freiheit im Zuge die Sicherheit zu propagieren ebenso wie Führung des Volkes durch private Finanziers sind nicht zu befürworten aus meiner Sicht.

Unsere Kultur und das Lebensgefühl darin werden im aktuellen Führungsstil der angeblichen Demokratie zu wenig stabilisiert in eine Richtung die Vertrauenswürdigkeit und Weisheit, als Beispiele genannt, dem Einzelnen vermitteln könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer in den letzten Tagen die politische Presse in DE aufmerksam verfolgt hat, der konnte nicht umhin zu bemerken das die Regierungskoalition scheinbar an einem Scheideweg angekommen ist. Während der Richtungsstreit innerhalb der Union unvermindert weiter tobt, beginnen immer mehr Unions-Politiker Merkels Führungsanspruch in Fage zu stellen. Denn obwohl die Kanzlerin und ihr Finanzminister mit ihren Amtskollegen bereits im Juli die Reform des Euro-Rettungsschirm beschlossen haben, scheint der Bundestag nicht unbedingt gewillt zu sein, die Beschlüsse einfach nur abzunicken. Zuerst wurde nur gemurrt und hinter vorgehaltener Hand von Hinterbänklern Kritik geübt - mittlerweile sagen auch prominente CDU-Abgeordnete wie Wolfgang Bosbach ganz klar, dass sie der Reform in ihrer jetzigen Form nicht zustimmen können. Schlimmer ist für die Kanzlerin aber jedoch, das sich immer mehr Unions-Politiker dazu berufen fühlen, eigene Vorschläge zu machen. So hat gerade die CSU ein eigenes Positionspapier zur Euro-Politik veröffentlicht, fordert darin unter anderem den Ausschluss der Schuldnerländer und geht damit auf klaren Konfrontationskurs zur Kanzlerin. Mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, schert auch ein Kabinettsmitglied aus der Regierungsformation aus und versucht sich durch eigene Vorschläge zu profilieren - zuerst mit ihrer Forderung nach Sicherheitsgarantien für die Griechenlandhilfe, jetzt mit ihrer Forderung nach den Vereinigten Staaten von Europa. Das sie gerade jetzt, wo die Kanzlerin nach Meinung vieler Polit-Beobachter bereits angezählt ist, mit eigenen Vorschlägen zu Themen kommt, die mit ihrem Ressort recht wenig zu tun haben, kann nur eins bedeuten: Sie versucht gerade sich als neue "starke Frau" in der Union zu profilieren. Und im Gegensatz zu Merkel, der mittlerweile von Teufel bis Kohl fast alle ehemaligen Unions-Granden fehlende Visionen und einen fehlenden Kompass attestieren, versucht Zensursula sich als eine Frau mit klaren Vorstellungen und einer starken Vision zu präsentieren. Mit anderen Worten: Die Arbeitsministerin rüttelt an Merkels Stuhl.
Auch unter politischen Journalisten werden die wachsenden Anzeichen von Merkels Niedergang wahrgenommen und auch immer deutlicher ausgeprochen. Besonders deutlich wurde die SZ in dem Artikel CDU in der Krise: Eine Partei zum Gähnen:
Der CDU geht es nicht gut. Das ist eine ebenso simple wie richtige Feststellung, die mittlerweile auch ein ganzes Konsilium von alten und älteren Herren der Partei getroffen hat.
[...]
Die Regierungszeit der CDU und die Kanzlerschaft der Angela Merkel neigen sich dem Ende zu: weil die CDU am Ende ist; weil Angela Merkel keinen neuen Anfang mehr schafft; weil sie mit einem Koalitionspartner regieren muss, der seine Wirtschaftskompetenz jämmerlich verspielt hat; die Erneuerung der FDP bestand darin, dass sie sich ausgerechnet während der großen Finanzkrise zu einer Art Schülermitverwaltung degradierte.
Es ist erst gut zwei Jahre her, das die schwarz-gelbe "Wunschehe" mit dem Führungsduo Merkel & Westerwelle als Regierung angetreten ist. Damals war das Wahrlergebnis der CDU schon alles andere als berauschend, aber angesichts der hohen Beliebtheit Merkels im Volk (damals war sie mit Abstand die beliebteste Politkerin in DE) und des überraschend starken Ergebnisses der FDP wurde nicht nur die Regierungsmacht errungen, man konnte sich damit auch darüber hinweg trösten, dass die Union damals das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren hat - doch mittlerweile sieht das ganz anders aus...

Wenn Merkel ihr eigenes Schicksal vorhersehen will, hilft vielleicht ein Blick auf ihren einstigen Wunschpartner Westerwelle: Parteivorsitz und Vize-Kanzlerschaft hat er schon eingebüsst, jetzt scheint auch sein Ministeramt in Gefahr zu sein: Tagelang hatte Westerwelle darauf beharrt die Sanktionen hätten maßgeblich zum Untergang Gaddafis beigetragen, weil dem Regime so der "Nachschub" gefehlt habe - den Aufstand & die NATO-Lunftangriffe erwähnte er höchstens in Nebensätzen. Mal abgesehen davon das der"Nachschub" höchstens ein Thema werden konnte, weil es den Aufstand und die Luftangriffe gab und in Syrien, trotz aller Sanktionen, das Regime munter weiter gegen die eigenen Leute vorgeht, war seine Argumentation ein egomanisches Beharren auf eigenen Standpunkten, wie es für Westerwelle typisch ist. Selbst aus den Reihen der FDP sprach man daher voller Unbehagen schnell von einer "rechthaberischen" Haltung Westerwelles, die deutsche Presse ging weniger gnädig mit der Position des Außenministers um und kommentierte seine Haltung mit Begriffen wie "peinlich" oder "eine Verhöhnung des libyschen Volkes". Trozdem blieb Westerwelle uneinsichtig und isolierte sich so immer mehr innerhalb der Koalition. FDP Politiker und Ex-Innenminister Gerhart Baum sagte die "Westerwelle-Doktrin" hätte Deutschland "schweren Schaden" gebracht, forderte vom rechthaberischen Westerwelle "einen Funken Einsicht" und kommt zu dem Schluss:
„Man hätte im Frühjahr die Ära Westerwelle in der FDP auch personell konsequent beenden müssen“, sagte Baum. Dazu seien die Jungen in der Partei leider nicht bereit gewesen.
Quelle: FDP: Baum kritisiert Westerwelle in Bezug auf Libyen-Frage - Weitere Meldungen - FOCUS Online - Nachrichten
Gegenüber dem Spiegel bezeichnete Baum Westerwelles Politik gar als "Verrat an unseren außenpolitischen Werten". Und schon mehren sich auch innerhalb der FDP die Stimmen nach Westerwelle Rücktritt, angeblich kursieren bereits die Namen möglicher Nachfolger. Mit Rösler und Lindner haben sich auch die neuen Führungsspieler der FDP ausdrücklich von Westerwelles Haltung distanziert - beide waren voll des Lobes für den Einsatz der NATO-Partner. Selbst Verteidigungsminister de Maziére, der eigentlich angetreten war um die Libyen-Politik der Regierung zu verteidigen, räumte reihenweise Irrtümer und Fehleinschätzungen über Libyen ein. Angesichts dieses Drucks ist es wenig überraschend das Westerwelle plötzlich einknickt, wie der Spiegel zu berichten weiß:
Mit einem verbalen Wendemanöver versucht Guido Westerwelle seinen Job zu retten. Plötzlich zollt auch er dem Nato-Militäreinsatz in Libyen Respekt. Doch ob das reicht, ist fraglich. Zu groß sind die Widerstände in der eigenen Partei.
Wenn die Kanzlerin, wie SZ schon vor Tagen schrieb, "angezählt" ist, dann ist Westerwelle praktisch schon KO...:rolleyes:

Viel ist von dem Traum der einstigen "Wunschehe" also nicht übrig geblieben, doch wie ich finde auch zurecht! Denn um dem Titel dieses Threads "Ein Fazit" gerecht zu werden, hier mal ein kleines Resümee der wichtigsten innenpolitischen Entscheidungen unserer Regierung:
- Bildungspolitik: Schon lange steht das dt. Bildungssystem in der Kritik, so argumentieren Kritiker seit Jahren unser gegliedertes Schulsystem zementiere die soziale Ungleichheit - eine Ansicht die durch Studien wie die PISA-Studie untermauert wird. Gerade die Hauptschule steht massiv in der Kritik und die Grünen forderten daher schon vor Jahren (z. B. hier im Jahr 2008 ) , die Hauptschule abzuschaffen und das Bildungssystem zu reformieren. Die Union hielt jedoch immer eisern am dreigliedrigen System fest - erst jetzt vollführt sie eine Kehrwende und gibt damit im Grunde zu, jahrelang ein en falschen Standpunkt vertreten zu haben.
- Wehrpflicht: Die Wehrpflicht wurde unter Adenauer eingeführt, ist also praktisch ein "Baby" der Union, die auch immer eisern an diesem Prinzip festhielt. Andere Parteien, z. B. auch mal wieder die Grünen, fanden das Konzept nach Ende des Kalten Krieges längst nicht zeitgemäß und forderten schon vor Jahren (z. B. hier im Jahr 2007) die Abschaffung. Und ganz überraschend vollzieht die Union eine Kehrtwende, schafft die Wehrpflicht im Schnellverfahren ab und räumt damit im Grunde schon wieder ein, das die Grünen seit Jahren den richtigen Standpunkt vertreten haben.
- Energiepolitik: Dazu muss ich ja wohl kaum etwas schreiben - jahrzehntelang war die Union eine Pro-Kernkraft-Partei, hat stets gegen den rot-grünen Ausstieg gewettert und den Ausbau erneuerbarer Energien geradezu sabotiert - nach Fukushima dann plötzlich die Kehrtwende, der Ausstieg vom Ausstieg und die, praktisch über Nacht erfolgte, Übernahme eines Stanbdpunkt der ursprünglich mal zur Gründung der Grünen führte und den die Partei somit seit gut 30 Jahren vertritt.
Daher mein Fazit: Wozu brauchen wir die Union überhaupt noch, wenn sie mit einigen Jahren Verspätung sowieso einsieht das die Grünen recht haben und deren Standpunkte übernimmt? Warum nicht gleich das Original wählen? :D
 
In der Koalition geht es immer chaotischer zu, die Euro- & Griechenlandrettung spaltet Schwarz-Gelb zusehends. Unter dem vielsagenden Titel Schwarz-Gelb zankt über Griechenlands Zukunft zeigt die Süddeutsche das es dabei sogar zu überraschenden Konstellationen kommt:
In den Reihen der schwarz-gelben Bundesregierung hat sich ein Streit entzündet über eine mögliche Staatspleite Griechenlands oder den Ausschluss des Landes aus der Euro-Zone. Der Konflikt verläuft nicht, wie so oft in der Vergangenheit, zwischen der FDP und der CSU - diesmal haben Liberale und Christsoziale dieselbe Grundausrichtung und setzen sich damit vom Kurs der Bundeskanzlerin Angela Merkel ab.
Die Wildsäue und die Gurkentruppe sind plötzlich einer Meinung und ziehen mehr oder weniger an einem Strang? Welch eine Überraschung! Allerdings heisst es ja der Feind meines Feindes ist mein Freund - nur dumm das in diesem Fall der Feind, der CSU und FDP vereint, die CDU und die Bundeskanzlerin höchst persönlich ist...:rolleyes:

Wie chaotisch es derzeit in Koalition zugeht und wie unterschiedlich die Standpunkte von CDU, CSU & FDP sind, zeigt der SpiegelOnline-Artikel Schwarz-gelbes Regierungschaos: Hilfe die Euro-Retter kommen sehr anschaulich:
FDP-Chef Philipp Rösler sagt: "Um den Euro zu stabilisieren, darf es auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben." Dazu zähle notfalls auch eine geordnete Insolvenz Griechenlands.
CSU-Chef Horst Seehofer sagt: Der Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone müsse als "Ultima Ratio" denkbar sein.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt: "Was über Jahre versäumt wurde, kann nicht über Nacht behoben werden." Man müsse Geduld mit Griechenland haben.
Drei Koalitionsspitzen, drei Standpunkte. Die Schuldenkrise in Griechenland spitzt sich zu - und das Krisenmanagement der Bundesregierung wird immer chaotischer.
Besonders verärgert scheinen die Kanzlerin und ihre Getreuen indes über Vize-Kanzler Rösler zu sein, der in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister öffentlich über eine mögliche Pleite Griechenlands spekuliert hat und somit für zusätzliche Verunsicherung der Märkte gesorgt hat:
Nicht nur bei der Opposition, auch im Kanzleramt sorgte Rösler daher für Verärgerung. Angela Merkel schickte ihre Vertrauten vor , um klarzustellen, was sie von den öffentlichen Gedankenspielen ihres Stellvertreters hält. Man dürfe die Griechen "nicht pleite reden", kritisierte CDU-Generalsekretär Herrmann Gröhe. Peter Altmaier, Fraktionsmanager der Union, äußerte sich besorgt über Äußerungen "politisch direkt Verantwortlicher". Fraktionschef Volker Kauder warnte vor "Szenarien, die die Märkte noch weiter verunsichern".
Auch die Mitgliederbefragung die Euro-Skeptiker Schäffler in der FDP initiiert hat, dürfte nicht gerade für gute Laune bei Merkel & Schäuble sorgen - und das obwohl bei CDU und FDP nach dem neusten Wahldebakel in Mecklenburg-Vorpommern sowieso schlechte Laune herrscht...:D

Edit
Nachdem Merkel gestern ihre Scharfmacher Gröhe, Kauder & Altmaier und auch ihren Sprecher Seibert losgeschickt hatte um Vize-Kanzler Rösler in seine Schranken zu verweisen, hat sie heute auch persönlich scharfe Kritik geübt:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Spekulationen über eine mögliche Insolvenz Griechenlands strikt zurückgewiesen und sich damit klar von FDP-Chef Philipp Rösler distanziert.
[...]
"Und deshalb sollte jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen. Was wir nicht brauchen können, ist Unruhe auf den Finanzmärkten. Die Unsicherheiten sind schon groß genug", sagte Merkel.
Auch Wolfgang Schäuble hatte sich zuvor schon mit Kritik zu Wort gemeldet:
Vor der Kanzlerin war bereits Finanzminister Wolfgang Schäuble indirekt auf Distanz zu Rösler gegangen. Die Finanzmärkte reagierten derzeit "übertrieben nervös", sagte er am Montagabend im ZDF. "Da macht es keinen Sinn, (...) die Nervosität durch Gerede zu verstärken."
Quelle: Debatte um Griechenland-Insolvenz - Merkel kanzelt FDP-Chef Rösler ab - Politik - sueddeutsche.de

Von allen Richtungen hagelt es also Kritik an Rösler, der - laut der Süddeutschen - Parteikalkül über staatspolitische Verantwortung stellt.

Jedoch ganz allein ist er nicht - neben der CSU gibt es auch in der CDU Stimmen die eher die Kanzlerin, als den Vize-Kanzler kritisieren. Zum Beispiel Wolfgang Bosbach, der Merkel indirekt Wortbuch vorwirft:
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach verschärft in der Euro-Debatte seine Kritik am Kurs von Angela Merkel - und wirft der Kanzlerin indirekt Wortbruch vor: "Ich möchte doch nur, dass die CDU bei dem bleibt, was sie den Menschen bei der Einführung des Euro versprochen hat - es ging um die Einführung einer Währungsunion und nicht um eine Transferunion und schon mal gar nicht um eine Schuldenunion"
Quelle: Euro-Debatte: CDU-Politiker Bosbach wirft Merkel indirekt Wortbruch vor - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
 
Zuletzt bearbeitet:
Rainer Brüderle im N24 Studio - Schützenhilfe für Rösler - N24.de

Ich empfehle mal dieses Interview zu schauen. Die Moderatorin scheint wohl weder FDP noch Fan von neutraler Berichtserstattung zu sein ;)

Ich frage mich auch was denn daran so schlimm ist, dass Rösler das Ausspricht, was die meisten schon vor einem Jahr für richtig gehalten haben: Griechenland, im Falle, dass die nicht mehr zahlen können/wollen, pleite gehen zu lassen, in den Medien auch besser als "Haircut" bekannt.

Und was ist das für eine Demokratie, bei der ein kleiner Koalitionspartner nicht das sagen/machen darf, was er will? Solches Einheitsparteidenken kennt man doch eher aus den düsteren Tagen Deutschlands. Damit meine ich auch die Lage in Baden-Württemberg, wo man im grünen Totalitarismus dem Koalitionspartner verbietet für seine Sache einzutreten „Stuttgart 21“: Kretschmann verwarnt SPD wegen Treffens - Inland - Politik - FAZ.NET (es geht darum, dass die SPD, die für S21 ist, sich mit den anderen Befürwortern u.a. der CDU in Sachen Volksabstimmung koordiniert)
 
Natürlich darf Rössler sagen was er will, doch vom Vizekanzler und Wirtschaftsminister
erwartet man eigentlich schon, dass er sich über die Wirkung seiner Äusserungen Gedanken
macht. Was er gesagt hat ist schlichtes, stupides wiederholen von einer allgemein
bekannten Tatsache, den die Hilfe für Griechenland ist an Bedingungen geknüpft. Folglich
bestand von Anfang an die Option keine Hilfe mehr zu leisten, was die Insolvenz bedeuten würde.
Wenn er jetzt wenigstens den Ansatz einer Idee für eine geordnete Staatspleite , die nicht
den Euro und die Eurozone zerstört, gehabt hätte, wäre ein Aufwärmen alter Statements
noch einsehbar.
Doch so wirkt es wirklich nur wie Profilierung gegenüber dem Koalitionspartner oder man sägt
intern ernsthaft an Merkels Stuhl, selbiges gilt für die CSU.
Was es aber ganz deutlich zeigt, wie wenig Kommunikation zwischen Kanzlerin & Finanzminister und
dem Rest der Regierung und Partei stattfindet und wie wenig Rückhalt ihr noch gewährt wird.
Wenn die momentanen Umfrage Ergebnisse nicht so deutlich eine grün-rote Mehrheit vorraussagen
würden, würde über eine schwarz-rote Regierung noch innerhalb dieser Legislaturperiode
laut nachgedacht, vorallem wenn die CDU noch deutlich vor der SPD liegen würde.
So ist die SPD momentan eben eher an Neuwahlen interessiert, als der kleine Partner zu werden.

Zu Kretschmann braucht man nichts zu sagen, ausser der Mann sagt dem Juniorpartner
gleich was er von seinem Benehmen hält. Das ist Führungsqualität mit leisen Tönen.

Gruss
 
Ich sehe das wie end4win: Rösler ist keine Privatperson und auch nicht nur FDP-Chef, er ist Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister - daher werden seine Äußerungen natürlich, auch im Ausland, ganz anders beachtet als es sonst der Falle wäre. Außerdem hat seine Partei bislang ja die Euro-Politik der Kanzlerin mitgetragen. Wenn er also jetzt vor die Mikrofone tritt und ganz bewusst Zweifel an der offiziellen Linie der Bundesregierung anmeldet und von einer möglichen Staatspleite Griechenlands redet, dann tut er das einzig und allein mit der verzweifelten Hoffnung Wählerstimmen für seine kränkelnde Partei zu gewinnen.
Ein Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler der Parteidünkel über Regierungsverantwortung stellt - besonders pikant dabei ist das Rösler nicht nur die Autorität der Regierung unterminiert, sondern das er billigend in Kauf nimmt die Not des krisengeschüttelten Griechenlands noch zu vergrößern...X(

Mittlerweile hat sich die Angelegenheit aber auch zu einer echten Existenskrise der Regierungskoalition entwickelt:
Das Machtwort der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wirkungslos verhallt, die FDP diskutiert weiter über eine mögliche Insolvenz Griechenlands - trotz eindringlicher Appelle der CDU.
[...]
Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die FDP-Spitze aufgefordert, nicht mehr öffentlich an der Zahlungsfähigkeit Griechenlands zu zweifeln und war damit Liberalen-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler in die Parade gefahren.
Trotz Merkels "Machtwort" bezüglich öffentlichen Zweifels an Griechenlandszahlungsfähigkeit haben mit Brüderle, Lindner und Leutheusser-Schnarrenberger zahlreiche FDP Politiker nachgelegt.
Und nicht nur das, auch in der Union ignorieren mehr und mehr Leute Merkels Vorgaben - wie z. B. Wolfgang Bosbach der Merkel indirekt Wortbruch unterstellte oder Verkehrsminister Ramsauer:
In der Debatte über die Schuldenkrise kehrt in der schwarz-gelben Koalition keine Ruhe ein - im Gegenteil: Peter Ramsauer stellt sich als erstes Kabinettsmitglied der Union offen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
[...]
Ramsauer, der auch CSU-Vize ist, äußerte sich skeptisch zum geplanten dauerhaften Euro-Rettungsmechanismus (ESM).
Diese Regierung ist so zerstritten, dass sie sich praktisch bereits in der Auflösung befindet. Der Zustand der Chaos-Streit-Koalition hat sich mittlerweile auch bis nach Amerika rumgesprochen:
"Die Welt wartet darauf, dass Deutschlands Kanzlerin eine Entscheidung trifft", kommentiert die "New York Times" ("NYT") bissig. Mehr als jeder andere Politiker in Europa werde sie entweder die Führung übernehmen müssen, um den Euro zu retten - "oder eingestehen, dass der politische Wille nicht da ist".
[...]
Als das stärkste Land der EU sitze Deutschland "ganz allein am Steuer und muss Europa die Lösung diktieren", hatte zuletzt Investor George Soros im SPIEGEL festgestellt.
Doch nichts gehört von Merkel seitdem. Als phlegmatisch wird sie in der "NYT" beschrieben. Mehr noch: Sie stehe einer zänkischen Koalition vor, das Bündnis der drei Parteien sei mehr und mehr unzuverlässig. Aufmerksam wird in Übersee beobachtet, wie sich die schwarz-gelbe Koalition in Deutschland so langsam aber sicher zerlegt .
Diese Regierung ist am Ende, sie muß es sich nur endlich eingestehen - hoffentlich bald, denn sie beginnt dem Ansehen Deutschlands mehr und mehr zu schaden...:rolleyes:

Quellen:
Koalitionskrach um Griechenlandhilfe - Stampfen im europäischen Glashaus - Politik - sueddeutsche.de
Koalitionsstreit zur Euro-Krise - Auch Ramsauer stellt sich gegen den Kurs der Kanzlerin - Politik - sueddeutsche.de
Schuldenkrise: CSU-Minister stellt Merkels Euro-Kurs in Frage - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Obamas Europa-Kritik: Amerika zweifelt an Miss Germany - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
 
Wenn er also jetzt vor die Mikrofone tritt und ganz bewusst Zweifel an der offiziellen Linie der Bundesregierung anmeldet und von einer möglichen Staatspleite Griechenlands redet, [...]
Die nur dann eintritt, wenn Griechenland seine Sparziele nicht einhalten kann. Was meinst du sieht der offizielle Kurs der Kanzlerin denn vor, wenn die Griechen ihre Sparziele nicht einhalten können? Wozu wurde in Schäubles Büro genau dieses Szenario durchgerechnet? Vielleicht weil die zu viele Mathematiker beschäftigen, die sonst nur PI bis zur k-ten Stelle auswendig lernen?

Kann es vielleicht sein, dass die Medien manchmal in Dinge mutwillig zu viel reininterpretieren, damit sie Klischees bedienen können?
 
Natürlich benehmen sich grosse Teile der Presse wie Trolle. Genauso wie die Spekulanten
höchstes Interesse daran haben, dass die Märkte verunsichert sind, dies generiert
grosse Kursschwankungen und damit satte Gewinnmargen.
Deshalb sollte jeder Politiker momentan tunlichst vermeiden die Trolle zu füttern,
vor allen anderen sollte dies ein Vizekanzler, Wirtschaftsminister und Parteivorsitzender
einer Regierungspartei wissen oder zumindest erkennen wenn er es von der Kanzlerin
gesagt bekommt.

Tut er es nicht verfolgt er andere Ziele wie die Regierung, die er vertritt.
Den soviel Dummheit, dass er sich der Folgen seiner Worte nicht bewusst war,
möchte ich ihm nicht unterstellen.

Gruss
 
xrayn hat gesagt.:
Kann es vielleicht sein, dass die Medien manchmal in Dinge mutwillig zu viel reininterpretieren, damit sie Klischees bedienen können?
Natürlich stürzen sich die Medien bereitwillig auf diesen Zwist zwischen Kanzlerin und Vize-Kanzler, aber das es diesen Zwist gibt ist nun einmal auch nicht von der Hand zu weisen. Nachdem Rösler sich in der Welt erstmals mit einem von der offiziellen Rhetorik abweichenden Beitrag zu Wort meldete, hat die Kanzlerin ihre Leute vorgeschickt um Rösler wieder auf Linie zu bringen - Gröhe, Altmaier und Regierungssprecher Seibert haben in der Angelegenheit interveniert. Als das nichts half, weil Rösler nachlegte und auch andere FDP Funktionäre ihm beipflichteten, hat sich Merkel persönlich zu Wort gemeldet - in einem Interview mit dem RBB hat sie Rösler zurecht gewiesen:
"Und deshalb sollte jeder seine Worte sehr vorsichtig wägen. Was wir nicht brauchen können, ist Unruhe auf den Finanzmärkten. Die Unsicherheit ist schon groß genug."
Quelle: Merkel kanzelt Rösler ab - Der irre Weg der FDP - Politik - sueddeutsche.de
Solche Worte als Replik auf Röslers Äußerungen sind, für Merkels Verhältnisse, eine ungewöhnlich scharfe Zurechtweisung. Trotzdem hat Rösler seinen Konfrontationskurs unbeirrt weiterverfolgt und abermals nachgelegt:
"Eine Regierung muss sagen, was sie für richtig hält und darf sich dabei nicht von Märkten treiben lassen", sagte er. "Wir gehören unterschiedlichen Parteien an und bewerten die Dinge in eigener Verantwortung mit dem Ziel gemeinsamen Handelns. So ist das in Koalitionen."
Rösler erklärte weiter, Ziel einer geordneten Insolvenz müsse die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. "Es gibt Möglichkeiten für eine Entschuldung Griechenlands, die nicht für den deutschen Steuerzahler teuer werden müssen", sagte er und nannte eine freiwillige Beteiligung der Gläubiger.
Quelle: Griechen-Streit: Rösler lässt sich von Merkel den Mund*nicht verbieten - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Solche Äußerungen von Rösler nachdem die Kanzlerin persönlich gesagt hatte "jeder müsse seine Worte wägen" und sich ausdrücklich öffentliche Spekulationen über eine Staatspleite verbeten hatte - was gibt es da noch falsch zu interpretieren?

Noch dazu wird Rösler nicht nur von den Medien, der Opposition und der CDU kritisiert - selbst aus seiner eigenen Partei gibt es Kritik:
Dagegen forderte der liberale EU-Abgeordnete Jorgo Chatzimarkakis Rösler auf, seine Äußerungen über eine mögliche Staatspleite Griechenlands nicht zu wiederholen. Chatzimarkakis sagte der Zeitung "Die Welt": "Die Debatte über eine Insolvenz Griechenlands muss unverzüglich beendet werden, bevor sie noch weiteren Schaden anrichtet. Man kann als deutscher Wirtschaftsminister nicht über Insolvenz reden, ohne zu wissen, wie sie sich abspielen soll. Das ist fatal."
Auch Ex-FDP Chef Gerhard spart nicht mit offener Kritik an Rösler: Liberale in der Krise - Früherer FDP-Chef Gerhardt rügt Rösler - Politik - sueddeutsche.de

Und diese Kritik an Rösler ist absolut berechtigt: Ginge es ihm wirklich nur um Inhalte, könnte er seine Bedenken in den Verhandlungen innerhalb der Koalition vorbringen - aber seine wiederholten öffentlichen Äußerungen haben nur den Zweck bei der zunehmend Euro-kritischen deutschen Bevölkerung zu punkten, vermutlich in der verzweifelten Hoffnung endlich über die 5% Hürde zu klettern und am Sonntag nicht aus noch einem Landtag (wäre afaik der 5. Landtag) zu fliegen.
Das er, als Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler, aus diesem Parteidünkel heraus ganz bewusst in Kauf nimmt mit seinen populistischen Äußerungen die Finanzmärkte weiter zu verunsichern und die Staatspleite eines EU-Partner-Landes somit förmlich herbeizureden, ist so unglaublich verantwortungs- und skrupellos das mir echt die Worte fehlen...:rolleyes:

Und das ist nur der Zwist zwischen Rösler & Merkel, dazu kommt ja noch die FDP Mitgliederbefragung bezüglich der Ablehnung der Euro-Rettungs-Reform die Merkel und Schäuble mitausgehandelt haben und über die Ende September im Bundestag abgestimmt wird. Das ist ebenfalls ein Streitpunkt zwischen FDP und CDU.
Aber auch die CSU geht zunehmend auf Abstand zur CDU und mit Verkehrsminister Ramsauer stellt sich neben Rösler ein weiteres Kabinettsmitglied ganz offen gegen Kanzlerin Merkel: Koalitionsstreit zur Euro-Krise - Auch Ramsauer stellt sich gegen den Kurs der Kanzlerin - Politik - sueddeutsche.de

Kurz zusammengefasst: Drei Parteien, (mindestens) drei Meinungen und Minister, die sich nicht an den "Machtworten" der Kanzlerin stören und Merkel förmlich auf der Nase herum tanzen - klingt das nach einer handlungsfähigen, geeinten Regierung?
Was will man da noch aufbauschen oder reininterpretieren - diese Karikatur einer Regierung liefert seit Beginn ihrer Regierungszeit lediglich das traurige Bild eines völlig zerstrittenen Polit-Kindergartens ab...X(
 
Dieses herumeiern um die Pleite Griechenlands, denn es wird darauf hinauslaufen, wie will eine Regierung denn ihre Sparpläne gegen die eigene Bevölkerung durchsetzen?, erinnert mich stark um die Kampfhandlungen in Afghanistan. Braucht es wieder einen Guttenberg, der das Kind beim Namen nennt?
 
Die eiern deswegen um die Griechenlandpleite so herum, weil sie wissen, dass mit der Pleite dieses Landes der ganze Euro fragwürdig wird. Danach wird nämlich dank Rating-Agenturen auch Italien auf der Kippe stehen und wenn Italien erstmal gekippt ist, werden auch Portugal und Spanien fallen. Damit ist der Euro dann endgültig tot und das "Projekt Europa" kann einpacken.
 
Aussichten für FDP bei Berlin-Wahl - Christian Lindner zu Gast - N24.de

Hier sagt Christian Lindner, dass die FDP hinter die beiden Rettungsmechanismen steht und betont aber gleichzeitig, man könne nicht bei jeder Überlegung Rücksicht auf die Märkte nehmen.

Ich finde er hat gar nicht so unrecht. Im übrigen haben die Märkte auch nicht so panisch wie erwartet auf diese Nachricht erwartet, der DAX ist von seinen 5k wieder auf 5,6k gestiegen. Daran gemessen, hatte ein Treffen der EU-Finanzminister im stillen Kämmerchen eine gerade zu katastrophales Auswirkung und gerade danach wurde lautstark gefordert, dass man Überlegungen FRÜHER ÖFFENTLICH kommunizieren muss (mit dem gleichen Argument, dass man ansonsten die Märkte verunsichert. Gleiches wurde der SG-Regierung auch in anderen Entscheidungen vorgeworfen. Was denn jetzt? Hinter geschlossener Tür oder öffentlich?

@bit: Warum sollte das Projekt Europa mit dem Euro fallen? Meinst du sobald der Euro abgeschafft ist, führen wir wieder Kriege? Wie gegen England oder Dänemark ;) Sogar mit der Schweiz leben wir in Harmonie. Das "Projekt Europa" sollte und tut nicht am Euro hängen, da ist -glaube ich- eher der Wunsch Vater der Gedanken ;)
 
Am vergangenen Donnerstag wurde im Bundestag über den Rettungsschirm abgestimmt und die Koalition hat, was nicht unbedingt zu erwarten war, sogar knapp die Kanzlermehrheit erreicht. Doch wie es scheint zu einem hohen Preis, denn wie diverse Presseberichte andeuten ist mittlerweile nicht nur die Koalition untereinander hoffnungslos zerstritten - sogar das Klima innerhalb der CDU wird als vergiftet beschrieben.
Am deutlichsten wird das an der Causa Bosbach: Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach, der bisher immer als treuer Parteisoldat wahrgenommen wurde, war in den letzten Wochen so etwas wie das Gesicht der "Abweichler" geworden. Trotz des stetig wachsenden Drucks war Bosbach bei seiner kritischen Haltung geblieben, hatte seine Meinung auch Interviews stets kundgetan und der Kanzlerin sogar indirekt Wortbuch vorgeworfen.
Wie sehr er der Kanzlerin und ihren Getreuen damit zugesetzt hatte, zeigte sich am Montag vor der Abstimmung bei Treffen der NRW-CDU-Landesgruppe, hier gerieten Bosbach und der Merkel-Vertraute und Kanzleramtschef Pofalla aneinander - wobei vor allem letzterer ziemlich ausfallend geworden sein soll:
Dabei fielen, so rekonstruiert es ein Unionsabgeordneter, unter anderem folgende Sätze: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen. Ich kann deine Scheiße nicht mehr hören." Ein anderer Abgeordneter erinnert sich nicht an den genauen Wortlauf, bestätigt aber die Auseinandersetzung und sagt, diese Zitate seien "eher untertrieben".
Tatsächlich waren die Angriffe gegen ihn wohl so heftig, das Bosbach offen über ein Ende seiner Politiker-Laufbahn nachdachte:
So scharf waren die Attacken, dass Bosbach, der seit 1994 für die CDU im Bundestag sitzt, sogar laut darüber nachdachte, bei der nächsten Wahl 2013 nicht mehr anzutreten.
Quelle: Druck auf Abweichler: Euro-Rettung*vergiftet Klima in der Union - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Und schon melden sich die verschiedensten schwarz-gelben Politiker in dieser Angelegenheit zu Wort:
"Das ist keine Art und Weise mit verdienten Fraktionsmitgliedern umzugehen. Es darf nicht sein, dass wir Kollegen mobben oder sogar beschimpfen, wenn sie eine andere Meinung haben und auch dazu stehen", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Menschenrechte im Bundestag, Erika Steinbach (CDU), der Bild am Sonntag. Das schadet der Demokratie in unserem Land."
[...]
Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter bezweifelte sogar Pofallas Fähigkeiten als Regierungskoordinator: "Mit seinen Ausrastern vergiftet Herr Pofalla nicht nur das politische Klima in seiner eigenen Fraktion, sondern in der gesamten schwarz-gelben Koalition. Das stellt seine Eignung als Kanzleramtsminister in Frage."
[...]
Der bayerische Ministerpräsident sagte, für ihn sei es immer eine Selbstverständlichkeit gewesen, "dass eine große Volkspartei eine Bandbreite an Positionen aushalten muss".
Selbst bei Erfolgen, wenn auch zugegebenermaßen Minimalerfolgen (immerhin sollte die Regierung in einer Demokratie eigentlich nicht um eine eigene Mehrheit kämpfen & zittern müssen), bietet die Chaos-Koalition ein Bild der Zerstrittenheit.
Und während der Umgang mit Andersdenkenden und Abweichlern das Klima innerhalb der CDU vergiftet, verhärten sich auch die Fronten innerhalb der Koalition. Mit von der Leyen, Röttgen und Schäuble haben gleich drei CDU Minister mehr oder weniger offen die Vereinigten Staaten von Europa gefordert, die offizielle Linie der CDU ist damit soweit klar. Doch die CSU lehnt diese Entwicklung nachhaltig ab:
Innenminister Hand-Peter Friedrich (CSU) warnte vor mehr europäischem Zentralismus. "Wer aus der Schuldenkrise den Schluss zieht, dass der europäische Zentralismus jetzt noch verstärkt werden muss, macht sich auf den völlig falschen Weg", sagte er dem Spiegel.
[...]
Auch Seehofer wandte sich strikt gegen weitere erhebliche Kompetenzverlagerungen nach Brüssel. "Wir als Bayern sind bereit mitzutragen, was gemeinsam beschlossen wurde", sagte er der Welt am Sonntag. "Aber den Weg zu Vereinigten Staaten von Europa werden wir nicht einschlagen", sagte der bayerische Ministerpräsident.
Quelle: Streit in der Koalition - Schwarz-gelbe Politiker verurteilen Pofallas Pöbeleien - Politik - sueddeutsche.de
Natürlich könnte ich das Thema zerstrittene Koalition noch vertiefen wenn ich jetzt noch die FDP ins Spiel brächte, doch ich denke das macht kaum noch Sinn, auch in den den neusten (auf heute datierten) Umfragen verharrt die FDP unter der 5%-Hürde - was die sagen oder tun scheint niemanden zu interessieren...:D
Quelle: Sonntagsfrage – Umfragen zur Bundestagswahl (Wahlumfrage, Wahlumfragen)
 
Während sich die Koalitionspolitiker im Rampenlicht mehr schlecht als recht darum bemühen wenigstens in der Euro-Rettungsfrage-Einheit zu demonstrieren, blockiert sich die Chaos-Koalition abseits des Rampenlichts in praktisch allen anderen Belangen nach wie vor selbst. Diese Grabenkämpfe hat der Spiegel schön in diesem Artikel zusammengefasst: Schwarz-gelber Reformstau: Regierung bastelt an Agendalein 2012 - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Hier mal die Kurz-Version:
PKW-Maut - das ist das Lieblingsprojekt der CSU und von Verkehrsminister Ramsauer, Merkel selbst hatte anfangs gesagt so etwas wird es in dieser Legislaturperiode nicht geben, tatsächlich blocken CDU und FDP weitgehend ab.
Betreuungsgeld - praktisch das einzige Projekt von Familien-Ministerin Schröder (sieht man von ihrem Zickenkrieg mit Zensursula wegen der Frauenquote ab), hier wird die CDU Politikerin jedoch von der CSU und der FDP blockiert.
Steuerreform - das Lieblingsthema der FDP, unter Rösler hat man sich weitgehend davon verabschiedet und stellt nur noch minimale Forderungen. Angeblich haben sich sogar Rösler und Schäuble in dieser Frage geeinigt. Doch kaum haben sie dies der Öffentlichkeit mitgeteilt, da poltert Seehofer los: Mit uns gibt es da keine Einigung! Selbst für die FAZ ist das mal wieder ein ausgewachsener Zwist in der Koalition.
Pflegereform - hier bemüht sich Gesundheitsminister Bahr (FDP) um eine Reform, doch seitens der CDU und der CSU hat man andere Vorstellungen und reduziert Bahrs Pläne mittels Blockade bestenfalls auf ein Reförmchen.
Energiewende - hier kollidierten die Pläne der FDP ein AKW als "Reserve" in der Hinterhand zu behalten, mit Röttgens Vorstellungen über einen schnellen Ausstieg - konkrete Pläne wie die erneuerbaren Energien besser ausgebaut werden könnten, ist der Umweltminister bislang aber eher schuldig geblieben.

Und wie schlägt sich die Chaos-Koalition im Rampenlicht? Wie es scheint schert die FDP aus der krampfhaft verordneten Regierungsformation aus:
In der FDP-Bundestagsfraktion wächst die Unzufriedenheit mit der Informationspolitik von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die Liberalen fühlen sich unzureichend über die umstrittenen Leitlinien für den Euro-Rettungsschirm informiert. Ein Fraktionsinsider sagte SPIEGEL ONLINE: "So lange keine vollständigen Informationen dazu vorliegen, wird Fraktionschef Rainer Brüderle keine Fraktionssitzung einberufen."
Quelle: Lückenhaftes Rettungskonzept: FDP verweigert Debatte über Schäubles Euro-Plan - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Die FDP bemängelt Schäubles Informationspolitik? Da klingt sie ja fast schon wie die Opposition: Vor dem Euro-Gipfel: Empörung über Schäubles Informationspolitik - Politik - FAZ

Edit
Der Steuerstreit eskaliert und hat nach Meinung von Journalisten & Opposition die Regierung einmal mehr blamiert:
Blamable Bruchlandung: Die ohnehin eingedampften schwarz-gelben Steuerpläne hielten nicht einmal eine Stunde. Dann fuhr der verärgerte dritte Koalitionspartner CSU dazwischen. Beschädigt sind nun alle, einschließlich der Kanzlerin. Der Streit zeigt, dass selbst kleine Projekte für diese Regierung zu groß sind.
[...]
Dieses schwarz-gelbe Führungspersonal, das nicht einmal in der Lage ist, sich auf einen Sieben-Milliarden-Euro-Beschluss so zu verständigen, dass er wenigstens eine Stunde hält, ist übrigens dasselbe schwarz-gelbe Führungspersonal, das den Euro mit Hunderten Milliarden Euro retten will. Na dann ...
Quelle: Steuerreform - Koalition hinterlässt verheerenden Eindruck - Politik - sueddeutsche.de

Es sollte alles besser werden. Sie wollten sich weniger streiten und sich besser verkaufen in der zweiten Halbzeit ihrer Regierungszeit. Doch wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass diese schwarz-gelbe Koalition gerade bei der Außendarstellung bemerkenswert dilettantisch vorgeht - an diesem Donnerstag ist er erbracht.
[...]
Seehofer kochte: "So geht es nicht, dass man Fakten in der Öffentlichkeit schafft, die wir dann abnicken sollen." Röslers und Schäubles Auftritt nannte er "sehr ungewöhnlich": "Das wird es nicht leichter machen." Und danach gefragt, ob die ganze Sache nicht ein interessantes Zeichen für das Zusammenleben in der schwarz-gelben Koalition sei: "Ja, das würde ich auch so sehen."
[...]
So endet im kommunikativen Desaster, was mitten im sich zuspitzenden Euro-Drama eigentlich als Überraschungscoup der Regierung geplant war, als Zeichen der Entschlossenheit, und ganz nebenbei auch noch als eines der demonstrativen Einigkeit zweier Minister, deren Verhältnis nicht gerade als das beste galt.
Quelle: Schwarz-gelber Steuerstreit: Großer Auftritt, große Blamage - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh je, wie der Spiegel schreibt vermasselt der Steuerstreit Merkels Neustart - zählt eigentlich noch jemand mit, wieviele Neustarts diese Chaos-Koalition schon ausgerufen hat?
Aber diesmal haben sie sich wirklich selbst übertroffen, wie das vernichtende Urteil der Presse zeigt, das der Spiegel Artikel schön zusammenfasst:
Verheerender kann das Echo kaum ausfallen. "Aus dem Signal koalitionärer Eintracht wurde innerhalb kurzer Zeit abermals ein Signal für koalitionäre Zwietracht", schreibt die "FAZ". Die "Welt" spricht von einer "Witznummer", selbst bei der "Bild"-Zeitung schütteln sie den Kopf über den schwarz-gelben "Kindergarten". Und die "Süddeutsche Zeitung" fragt frei heraus: "Haben die noch alle Tassen im Schrank?" An diesem Freitag ein gutes Wort über die Steuersenkungspläne der Koalition zu finden, ist nahezu unmöglich.
Tja, ich sage ja immer das ist bestenfalls die Karikatur einer Regierung...:D

Seehofer soll jedenfalls so verärgert sein, dass er sogar Kanzlerin Merkel versetzt hat:
Seehofer ist dermaßen angefressen, dass er am Donnerstagabend sogar die Kanzlerin versetzte: Die Unionsseite hatte sich in Berlin verabredet, um den Gipfel vorzubereiten. Bayerns Ministerpräsident war bereits auf dem Weg zu dem Treffen, gleichzeitig versuchte er nach Angaben aus führenden CSU-Kreisen auf der Autofahrt von München in die Bundeshauptstadt telefonisch herauszufinden, wie es zum unabgesprochenen Steuervorstoß kommen konnte. Ob der bayerische Ministerpräsident auch mit Angela Merkel persönlich Kontakt aufnahm, war nicht zu erfahren - wohl aber, dass die Gespräche "nicht hilfreich" bei der Aufklärung gewesen seien, wie es heißt. Wütend entschloss sich Seehofer daraufhin, der Vorbereitungsrunde fernzubleiben. Man tagte ohne ihn.
Dabei scheint der ganze Steuersenkungsstreit - wie eigentlich schon die ganze Zeit - mal wieder nur heiße Luft zu sein, denn zum einen hat die Koalition gar nicht die nötige Mehrheit im Bundesrat um eine Steuersenkung umzusetzen, zum anderen protestieren sogar CDU Ministerpräsidenten gegen die Pläne:
Aber nicht nur aus Bayern, sondern auch aus anderen unionsregierten Bundesländern kommen Einwände. Die Steuersenkung könne keinesfalls zulasten der Landeskasse finanziert werden, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) der Zeitung „Die Welt“. „Dafür haben wir keinen Spielraum.“
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) teilte am Donnerstag mit: „Alles, was die Einnahmesituation des Landes verschlechtert, ist für die Landesregierung nicht akzeptabel. Ich sehe daher kaum Spielraum, einer solchen Reform zuzustimmen.“
Die Opposition formuliert das etwas schärfer:
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der „Welt“ (Freitag): „Schäuble und Rösler leiden unter einem völligen Realitätsverlust.“ Steuersenkungen seien in der größten Schuldenkrise Europas „unverantwortlich“.
Realitätsverlust? Irgendwie schon - oder wie will man erklären das Schäuble & Rösler mit der Ankündigung von Steuersenkungen, die sie aus eigener Kraft gar nicht umsetzen können, den Koalitionsfrieden endgültig in die Tonne treten?

Quellen:
Steuer-Debatte: Widerstand in den Ländern - Politik - FAZ
Schwarz-gelber Streit: Steuerzoff vermasselt Merkels Neustart - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Reformpläne von Schwarz-Gelb - Bundesländer sperren sich gegen Steuersenkungen - Politik - sueddeutsche.de
 
Realitätsverlust? Irgendwie schon - oder wie will man erklären das Schäuble & Rösler mit der Ankündigung von Steuersenkungen, die sie aus eigener Kraft gar nicht umsetzen können, den Koalitionsfrieden endgültig in die Tonne treten?

Das kann man ganz einfach erklären... Schäuble weiss, dass die CDU bei einer Neuwahl eh wieder mitregieren wird. Rösler ist einfach zu unerfahren um zu checken, dass seiner Partei mit diesen Plänen der endgültige Todesstoss verpasst wird. Stattdessen hoffte er darauf, dass er damit wieder Wählerstimmen zurückgewinnen könne. Oder in einem Satz: Schäuble killt die FDP und Rösler merkt's nicht.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Oder in einem Satz: Schäuble killt die FDP und Rösler merkt's nicht.
Killen ist so ein hässliches Wort - bei einer Partei, die seit Wochen in allen mir bekannten Umfragen dauerhaft unter 5% verharrt, spricht man doch wohl eher von einem Gnadenstoß...:D
Und sein wir einmal ehrlich: Unter Westerwelle hat sich die Partei endgültig von ihrem liberalen Erbe verabschiedet und wer braucht schon eine liberale Partei, die keine liberale Politik macht?

Und wo wir schon dabei sind: Wer braucht eine Regierung, die nicht regiert? Abseits der Euro-Rettung wo Merkel & Schäuble Seite an Seite mit Sarkozy von einer provisorischen Notfallmaßnahme zur nächsten taumeln, blockiert sich Schwarz-Gelb weitgehend selbst. Der gestrige Koalitionsgipfel sollte da endlich Abhilfe schaffen, hier sollten Einigkeit & Handlungsfähigkeit demonstriert werden und hier sollten innenpolitische Themen, die teilweise seit Regierungsantritt auf der Agenda stehen, endlich abgeräumt werden. Und wie ist es gelaufen? Hier mal das Resümee der konservativen FAZ:
Das Spitzentreffen der schwarz-gelben Koalition in Berlin ist trotz stundenlanger Beratungen ohne greifbare Ergebnisse geblieben.
[...]
Endgültige Entscheidungen sollen bei einem weiteren Gipfel am 6. November fallen, verlautete nach den fünfstündigen Gesprächen der Partei- und Fraktionschefs aus Koalitionskreisen.
[...]
Trotz des von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gerade vorgelegten Steuerkonzepts wurde der Beschluss darüber ebenfalls vertagt. Bis Anfang November sollen nun in Arbeitsgruppen Details zu umstrittenen Projekten erarbeitet werden.
[...]
Auch bei der seit Monaten auf Eis liegenden Pflege-Reform soll es bis zum 6. November einen Durchbruch geben. Die Koalition prüft, mit mehr Investitionen des Staates den sich abschwächenden Aufschwung zu stabilisieren.
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel - denn nichts wurde beschlossen, alles bleibt unverändert vage und ist - wiedereinmal - auf die nahe Zukunft verschoben worden...X(

Die Süddeutsche wird da in ihrer Bewertung des Koalitiongipfels schon wesentlich deutlicher:
In der Koalition scheint es inzwischen ein Sport zu sein, sich gegenseitig größtmöglichen Schaden zuzufügen. Merkels Chaostruppe hat es in dieser Disziplin zu herausragenden Fähigkeiten gebracht. Während es in der Finanzkrise um Billionen geht, zerlegt sich Schwarz-Gelb selbst.
Nach dieser Einleitung vergleicht die SZ Schwarz-Gelb sogar mit Jack Ass:
Es gibt ja Menschen, die das aus Spaß machen. Die auf dem Skateboard bei voller Fahrt gegen geschlossene Rolltore brettern, die sich Raketenantriebe an ihre Inline-Skater basteln und damit mörderisch stürzen. Die sich mit voller Absicht von einem Stier umrennen lassen. Die US-amerikanische Chaotentruppe der Fernsehserie Jackass hat es in der Disziplin "Wie verletzt Du Dich am schnellsten selbst" zu einer gewissen Berühmtheit gebracht.
Eine ähnliche Chaotentruppe regiert seit zwei Jahren dieses Land. Die Damen und Herren von der schwarz-gelben Koalition machen den Jackass-Jüngern inzwischen gehörig Konkurrenz, wenn es darum geht, sehenden Auges gegen jede sich bietende Wand zu rasen.
Beim Koalitionsgipfel vergangene Nacht zum Beispiel. Da gab es keine Einigung - aber das verwundert ja kaum noch. Spannender war zu beobachten, wie sich die Koalitionäre schon vorher selbst zerlegten.
Und zieht dann ein verheerendes Resümee:
Ein schöner Zeitpunkt übrigens für einen Koalitionskrach: Kommende Woche ist es genau zwei Jahre her, dass die schwarz-gelbe "Wunschkoalition" ihre Arbeit aufnahm. Die Runde sollte genau deshalb ein Programm für die kommenden zwei Jahre auf die Beine stellen, das wenigstens den Anschein erweckt, die Koalition werde die Zeit bis zu ihrer sehr wahrscheinlichen Abwahl noch irgendwie sinnvoll nutzen.
[...]
Da fällt Merkels Combo nichts besseres ein, als sich wegen vergleichsweiser Kleinigkeiten zu verkrachen. Vertrauen ist ein hohes Gut in der Politik. In dieser Finanzkrise ist es mehr als gefragt. In der Koalition vertraut aber noch nicht mal mehr der eine dem anderen. Das unterscheidet Schwarz-Gelb von den Protagonisten der Jackass-Kultserie: Die haben wenigstens Selbstvertrauen.
Habe ich Schwarz-Gelb vielleicht überschätzt, als ich sie als Karikatur einer Regierung bezeichnete? Sind sie vielleicht wirklich nur eine Anarcho-Truppe deren einziges Talent darin besteht sich vor laufender Kamera in möglichst kurzer Zeit, möglichst viel Schmerzen selbst zuzufügen?

Quellen:
Treffen im Kanzleramt: Koalitionsgipfel vertagt Steuer-Entscheidung - Politik - FAZ
Schwarz-gelbe Koalition verschiebt Einigung - Sehenden Auges vor die Wand - Politik - sueddeutsche.de
 
Auf Tagesschau.de gibt es eine Abstimmung, die ich euch nicht vorenthalten will und die einfach in diesen Thread gehört - die Tagesschau möchte wissen wie zufrieden ihr mit der schwarz-gelben Karikatur einer Regierung seid: Umfrage Detailansicht | tagesschau.de
Das Ergebnis der Umfrage ist natürlich nicht repräsentativ, trotzdem kann man da einen gewissen Trend erkennen: Zur Auswahl stehen die Schulnoten, also 1 bis 6, und von fast 19.000 Teilnehmern haben 59% Prozent der Regierung die schlechteste Note gegeben...:)
29% geben schwarz-gelb ein mangelhaft, also die zweitschlechteste Note, lediglich 6,2 Prozent bewerten die Koalition mit ausreichend. Für befriedigend votierten 2,7%, für gut nur 2% und für sehr gut immerhin noch 1%...:rolleyes:
Insgesamt würde ich sagen die Ergebnisse sind für die Regierung eine Katastrophe, obwohl sie andererseits für diese Regierung eigentlich noch geschmeichelt sind...:D
 
Zurück
Oben