[TdW 11] Wird die Netzgemeinde rebellisch?

An diesem Wochenende kann sich das Thema der Woche eigentlich nur mit den europaweiten Anti-ACTA-Massenprotesten beschäftigen. In mehreren europäischen Staaten kam es zu Demonstrationen gegen ACTA. Allein in Deutschland gingen in mehr als 50 Städten mehrere zehntausend Menschen (Angaben schwanken zwischen 30.000 und 100.000!) auf die Straße. Für Deutschland ein unerhörter Vorgang - angeblich wurden sogar Bürger beobachtet, die den Rasen betreten haben!
Der Titel dieses Threads ist etwas reißerisch gewählt und vielleicht auch irreführend, denn afaik blieben diese Demonstrationen absolut friedlich. Doch das revolutionäre an diesem Protest ist, meiner Meinung nach, das in einem internationalen Konsens Menschen auf die Straße gehen und für das gleiche Ziel demonstrieren. Und diesmal, anders z. B. als bei den weltweiten Protesten gegen den Irakkrieg vor zehn Jahren ("Kein Blut für Öl"), geht es nicht um so etwas dramatisches wie einen drohenden Krieg - es geht um langweilige, alltägliche Politik. Es geht darum das die Menschen zeigen, dass sie nicht gewillt alles zu schlucken, was Politik und Wirtschafslobbyisten hinter verschlossenen Türen in Geheimverhandlungen auskungeln.
Egal wie man sie nennt (Generation Facebook, Blogosphäre, Filesharer oder Webaktivisten) und in welche Schublade man sie dadurch stecken will: Die Netzgemeinde hat Flagge gezeigt. Und zwar so, wie man es von einer internetaffinen Community erwarten kann: international, kreativ und friedlich, aber lautstark...:)
Ich denke den meisten Politikern geht gerade der Arsch auf Grundeis, denn voller Schrecken wird ihnen klar, dass zehntausende Menschen, die trotz Minusgraden protestieren gehen, auch zehntausende Menschen sind die wählen gehen, wenn ihnen etwas nicht passt. In der Wirtschaft weiß man das ein Kunde, der aus Unzufriedenheit an die Konkurrenz verloren wurde, sich nur noch schwer zurückgewinnen lässt - bei den "etablierten" Parteien führt diese Erkenntnis wohl gerade zu einem bösen Erwachen. Die "etablierten" Parteien haben ein so offenes Ohr für Wirtschaftslobbyisten, dass sie praktisch taub für die Wünsche der Bürger sind. Allzulange haben sie gerade auch die Internetpolitik ignoriert oder doch zumindest als Spielwiese für exzentrische Nischen-Politiker betrachtet.
Jetzt wird ihnen klar das für viele Menschen (übrigens Menschen aller Altersgruppen) das Internet enorm wichtig ist. Und das sie diesen Menschen, aufgrund ihrer jahrelangen Ignoranz nicht nur keine politische Heimat geboten haben, sondern sie sogar häufig verärgert haben - Stichworte sind hier Web-Sperren, Vorratsdatenspeicherung und eben ACTA. Und ihnen wird klar, dass diese Menschen nicht nur viele sind, sondern auch längst dabei sind sich zu organisieren - hier sind die Piratenparteien der verschiedenen Länder ein Menetekel, dass die "etablierten" Parteien viel zu lange ignoriert haben.
Daher die provokante Frage: Wird die Netzgemeinde rebellisch?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja und das ist auch der korrekte Weg. In Anbetracht dessen, dass Internetnutzer quasi eine eigene demographische Gruppe sind und die Netzkultur ins Reallife überschwappt, brauchen die Internetnutzer auch eine Repräsentation in der Politik. Da eine solche Anerkennung bisher wenig stattfindet muss man sich entsprechend rabiat darum bemühen.
 
Irgendwie habt ihr eine ziemlich schräge Vorstellung von Massenprotesten. 68% der Haushalte in Deutschland verfügen über einen Internetanschluss. Das sind ca. 27,5 Millionen. Von denen sind 100.000 auf die Strasse gegangen. Also weit unter 1%. Glaubt irgendwer tatsächlich, dass sich die Politiker dadurch einschüchtern lassen?
 
bitmuncher hat gesagt.:
Irgendwie habt ihr eine ziemlich schräge Vorstellung von Massenprotesten. 68% der Haushalte in Deutschland verfügen über einen Internetanschluss. Das sind ca. 27,5 Millionen. Von denen sind 100.000 auf die Strasse gegangen. Also weit unter 1%. Glaubt irgendwer tatsächlich, dass sich die Politiker dadurch einschüchtern lassen?
Zunächst einmal ist es nicht ungewöhnlich Proteste mit 100K+ Teilnehmern als Massenproteste zu bezeichnen. Und ja, ich denke sehr wohl das die Politik sich davon beeindrucken lässt - um nicht zu sagen sich davon bereits hat beeindrucken lassen. Mehrere Staaten (darunter auch Deutschland) haben angekündigt das bereits beschlossene Abkommen nun doch nicht zu unterzeichnen - die slowenische Botschafterin hat sich öffentlich für die Unterzeichnung entschuldigt (sie habe es aus "bürgerlicher Unachtsamkeit" getan:rolleyes:).
Ich denke die deutsche Politik nimmt es, gerade in diesen Zeiten mit extrem niedriger Wahlbeteiligung, sehr ernst das die Anti-Acta-Bewegung auch bei klirrender Kälte mehr als 100.000 Menschen mobilisieren kann - genauso wie sie es sehr ernst nehmen, dass die Piraten seit der Berlinwahl bundesweit in allen Umfragen bei 6 bis 8 Prozent liegen.
Gerade die FDP, wenn sie überhaupt so etwas wie eine Chance darauf haben will die 5% Hürde zu knacken, muss diese Menschen ernst nehmen - daher ist es auch kein Wunder das Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger jetzt plötzlich ihre Zweifel an ACTA entdeckt...;)
 
Und weil die Regierung diese Proteste so ernst nimmt, weist der Regierungssprecher heute via Twitter darauf hin, dass durch Raubkopien und Patentverletzungen jährlich Milliarden Schäden verursacht werden: https://twitter.com/#!/regsprecher/status/168673804007120896

Im übrigen heisst "vorläufig nicht unterzeichnen" noch lange nicht, dass das Thema vom Tisch ist, wie uns die Vergangenheit gelehrt haben sollte. Da werden ein paar Formulierungen geändert, das Ding bekommt einen anderen Namen und wenn die Medien mal wieder mit irgendwelchen Nichtigkeiten beschäftigt sind, wird es ohne großes Aufsehen unterzeichnet.

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bitmuncher hat gesagt.:
Und weil die Regierung diese Proteste so ernst nimmt, weist der Regierungssprecher heute via Twitter darauf hin, dass durch Raubkopien und Patentverletzungen jährlich Milliarden Schäden verursacht werden.
Kein Wunder! Immerhin hat sogar der Ex-Verteidigungsminister sich in einer einzigen Dissertation Urheberrechtsverletzungen in mehr als 20 Fällen schuldig gemacht und die Kanzlerin das mit den Worten "sie habe schließlich keinen Doktoranden eingestellt" verharmlost. Ich finde es gut das der Regierungssprecher sich dieser, gerade auch für die schwarz-gelbe Koalition, problematischen Thematik stellt...:D
Allerdings sollte die Koalition vielleicht erst vor ihrer eigenen Tür fegen, bevor sie die Welt mit Beschlüssen a la ACTA beglückt.

bitmuncher hat gesagt.:
Im übrigen heisst "vorläufig nicht unterzeichnen" noch lange nicht, dass das Thema vom Tisch ist, wie uns die Vergangenheit gelehrt haben sollte. Da werden ein paar Formulierungen geändert, das Ding bekommt einen anderen Namen und wenn die Medien mal wieder mit irgendwelchen Nichtigkeiten beschäftigt sind, wird es ohne großes Aufsehen unterzeichnet.
Das ist richtig - und das ist ja auch allen bewusst. Sowohl die Organisatoren, als auch alle Teilnehmer der Demonstrationen die ich in Interviews gesehen habe, haben genau das thematisiert: Das die Ankündigungen der Regierungen kaum mehr als taktische Manöver sind und man auf keinen Fall im Engagement nachlassen oder sich an der Nase herumführen lassen dürfe...;)
Ich weiß auch nicht ob es Dir aufgefallen ist, aber die Ankündigung von Leutheusser-Schnarrenberger und Westerwelle das Abkommen doch nicht zu unterzeichnen, kam schon vor den Demos am Samstag. Trotzdem gingen auch nach dieser überraschenden Kehrtwende mehr als 100.000 Menschen auf die Straße.
Und das Engagement (und der Zulauf) der Piraten, aber auch der Grünen und der Linken, wird dafür sorgen das ACTA ein politisches Thema in Berlin bleiben wird.
In Deinem Beitrag hast Du bezweifelt das die Politik sich von den Protesten beeindrucken lässt, tatsächlich hat sie sogar schon vor den Protesten versucht mit ihrem symbolischen Einlenken den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen - ohne Erfolg wie wir heute wissen. In der SZ findet sich dieser vielsagende Absatz über die Lage der Politik:
Und dem Druck im Netz, der jetzt auch auf der Straße sichtbar wurde, können die traditionellen Parteien schwer widerstehen. Vertreter der Koalition, aber auch der Opposition sind bis heute fest davon überzeugt, dass das Abkommen keineswegs die Ängste rechtfertigt, die die Aktivisten umtreibt. Aber alle, die so denken, mögen ihren Namen lieber nicht in der Zeitung geschrieben sehen, denn dann erwarten sie mit Recht scharfe Proteste der Netzaktivisten, um deren Gunst sich seit dem Erstarken der Piratenpartei alle anderen politischen Organisationen ebenfalls bemühen.
Quelle: Anti-Piraterie-Abkommen - "Da sind zurzeit viele Hysteriker unterwegs" - Digital - sueddeutsche.de
 
bitmuncher hat gesagt.:
So sehr hat sich die Regierung von den Protesten beeindrucken lassen: http://www.sueddeutsche.de/digital/a...snot-1.1283222
Jep, und das ist doch nicht von schlechten Eltern! Immerhin hat sich die Politik so beeindrucken lassen, dass z. B. Jusitizministerin Leutheusser-Schnarrenberger plötzlich Bedenken gegen ACTA anmeldet und die eigene Anweisung das Abkommen zu unterzeichnen überraschend zurückzieht:
Federführendes Ministerium für Acta war das Bundesjustizministerium. Zur allgemeinen Überraschung hatte Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Freitag jedoch Bedenken angemeldet. Daraufhin wurde eine bereits erteilte Weisung zur Unterschrift unter das Abkommen wieder zurückgezogen.
Und obwohl die Union, wenig überraschend, nach wie vor auf ACTA steht, sagt Seibert in seiner Pro-ACTA Rede:
Falls jetzt neue Fragen auftauchten, sei die Regierung aber dafür offen, diese noch zu klären.
Und selbst Lautsprecher Gröhe räumt ein:
Die Politik müsse sich angesichts der Proteste aber fragen, ob sie Debatten, die vor allem im Netz stattfinden, zu wenig beachtet. Offenbar gebe es einen "enormen Aufklärungsbedarf".
Eine Ministerin, die Angesichts der Proteste und des starken Unwillens gegen ACTA, plötzlich Bedenken gegen die eigene Position hat und eine bereits erteilte Weisung zurückzieht. Ein Regierungssprecher der betont die Regierung sei bereit noch offene Fragen bei einem Abkommen, dass eigentlich schon vor Tagen unterzeichnet werden sollte, zu klären. Und ein CDU Generalsekretär, der einräumt das die Politik mehr auf die Internetgemeinde zugehen muss.
Ja, ich denke Politik hat sich beeindrucken lassen - immerhin sind das Beispiele aus einem Artikel, den Du angeführt hast um zu zeigen wie wenig sich die Politik hat beeindrucken lassen.
Da gibt es aber noch ganz andere Beispiele, die FAZ bewertet die Proteste z. B. so:
Was hat der Aktionstag gebracht? Netzpolitik ist von einem Nischen- und Randgruppenthema einen Schritt weiter in die Mitte der politischen Aufmerksamkeit gerückt, hat sie sich doch erneut als ein Thema erwiesen, das vor allem die jungen Wähler bewegt. Und Acta lässt sich in dieser Form wohl nicht mehr durchsetzen.
Natürlich wird im Artikel auch Leutheuser-Schnarrenbergers Kehrtwende thematisiert:
Die Aktivisten haben es jetzt schon geschafft, dass Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die deutsche Unterschrift unter das Abkommen vertagt, „damit eventueller Diskussionsbedarf ausgeräumt werden kann“. Dabei hatte sie doch kurz zuvor noch erklärt, dass Deutschland die Rechtsgrundlagen für Acta schon heute erfülle.
Im gleichen Artikel befasst sich die FAZ auch mit den viel geäußerten Bedenken, die Politik würde nur auf Zeit spielen:
Wobei viele Aktivisten im Moratorium der Justizministerin lediglich den Versuch sehen, den Protesten in letzter Minute Wind aus den Segeln zu nehmen. Und der Netzaktivist Markus Beckedahl schrieb nach den Demonstrationen in seinem Blog „Netzpolitik.org“: „Jetzt gilt es, die Proteste bunt und vielfältig bis in den Sommer weiter zu treiben, wo die EU-Parlamentarier nein zu Acta sagen können und aus unserer Sicht auch müssen.“
Quelle: Urheberrechtsabkommen Acta: Politikverdrossenheit sieht anders aus - Feuilleton - FAZ

Und in einem anderen FAZ Artikel, der das Bekenntnis der Bundesregierung zu ACTA thematisiert, finden sich auch zahlreiche Hinweise darauf wie sehr sich die Politik von den Protesten hat beeindrucken lassen:
Nachdem am Wochenende Zehntausende junge Menschen in Deutschland gegen das Urheberschutz-Abkommen Acta (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) auf die Straße gegangen sind, sammelten die Politiker am Montag die Scherben auf. Mehrere CDU-Politiker kritisierten Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), weil sie am Freitag überraschend erklärt hatte, Acta vorerst nicht unterzeichnen zu wollen. Der Unions-Fraktionsvize Günter Krings warf der Ministerin einen Alleingang vor: „Ich wünsche mir von ihr ein klares Bekenntnis zum Inhalt dieses Abkommens“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.
So hat die die Koalition im Zuge der Proteste ein neues Streitthema bekommen, auf der einen Seite die Unions Politiker, die prinzipiell immer für schärfere Gesetze zu haben sind und auf der anderen Seite die FDP, die plötzlich erkennt das der Unmut über ACTA die Piraten, die neue liberale Partei Deutschlands, stärkt. Daher klingen die Äußerungen vom Sprecher Leutheusser-Schnarrenbergers auch ganz anders, als die von Seibert:
Inzwischen gebe es jedoch Überlegungen im Europäischen Parlament, das Regelwerk dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen, sagte der Sprecher: „Wenn das Europarlament nicht zustimmt, stellt sich nicht die Frage, ob die Bundesregierung das Abkommen unterzeichnet und der Bundestag es ratifiziert.“
Und selbst in der Union ist man sich nicht einig, so hat z. B. Peter Altmaier Verständnis für die Proteste geäußert und eingeräumt das dem Internet zunehmend mehr Bedeutung für die Politik zukommt:
„Wenn sich an einem kalten Wintermorgen über 50.000 Menschen bundesweit versammeln, ist das auch ein Zeichen dafür, dass wir neue Kommunikationsstrukturen im Internet haben“, sagte er in der ARD.
Quelle: Umstrittenes Urheberrechtsabkommen: Bundesregierung bekennt sich zu Acta - Wirtschaft - FAZ

Ich denke man sieht recht deutlich das die Politiker in Berlin nervös, streitlustig und teilweise sogar kopflos sind. Ja, ich denke die Politik hat sich von den Protesten beeindrucken lassen...:)
 
Ich denke du verkennst da einige Aussagen ganz gewaltig.

1. Grundaussage ist: Wir stehen zu ACTA.

2. Aussage von Seibert: Falls jetzt noch offene Fragen auftauchen, sind wir bereit diese zu klären. <- Gleichzusetzen mit: Wir machen jetzt eine tolle Medien-Kampagne, die den Wählern erklärt wie wichtig ACTA ist, damit eure kleine Minderheit in den Medien auch weiterhin als realitätsfern belächelt wird. Weil... Raubkopien kosten ja die Wirtschaft jährlich Milliarden und vernichten Arbeitsplätze und nichts ist wichtiger als Arbeitsplätze.

3. Aussage von Gröhe: Wir haben offenkundig erheblichen Aufklärungsbedarf. <- Siehe 2. Aufklärung heisst nicht ändern sondern mediale Kampagne für ACTA.

4. "eventuellen Diskussionsbedarf ausräumen" <- Man beachte die Formulierung "eventueller Diskussionsbedarf", was im Prinzip soviel heisst wie "Da gibt's nichts zu diskutieren, unsere Meinung steht fest." Es wird mit dem "eventuell" implizit bezweifelt, dass Diskussionsbedarf besteht. Und der wird ausgeräumt und nicht etwa geklärt. Auch das impliziert irgendwie ja wieder eine grössere Pro-ACTA-Kampagne.

Und selbst eine Vorlage von ACTA beim EuGH wird lediglich dafür sorgen, dass das Abkommen um 1-2 Jahre verzögert wird. Genug Zeit um Pro-ACTA-Kampagnen für das dumme Wahlvieh zu fahren und dafür zu sorgen, dass es aus den Köpfen jener, die sich jetzt noch dafür interessieren, verschwindet.

Allgemein klar ist ja wohl, dass sowohl CDU als auch SPD zu ACTA stehen und dieses durchboxen wollen. Eine der beiden oder beide Parteien werden in der nächsten Wahlperiode die Führung übernehmen. Die 2-8% von FDP und Piraten haben da also recht wenig mitzureden. Ergebnis wird also sein, dass ACTA umgesetzt wird. Man wird vorher noch etwas "Aufklärung" betreiben und die Sache ist gegessen, weil den Grossteil der Wähler das Thema absolut nicht interessiert und jene, die es interessiert, sind so sehr in der Minderheit, dass sie ACTA politisch nicht stoppen können.
 
In unserer kleinen Privat-Diskussion ging es doch um die Frage, ob die Politik sich beeindrucken lassen hat - und die Politik hat sich beeindrucken lassen. Das zeigt sich besonders deutlich an der überraschenden Ankündigung Leutheusser-Schnarrenbergers das Abkommen vorerst doch nicht zu unterzeichnen. Das zeigt sich auch an den angeführten Äußerungen der verschiedensten Politiker (die ich keineswegs verkenne) - allein die Fülle der Äußerungen, ganz abgesehen von der Tatsache das viele Äußerungen ziemlich widersprüchlich sind, zeigt wie aufgescheucht das politische Berlin derzeit ist. Selbst Lautsprecher wie Gröhe haben Kreide gefressen und geben sich ungewohnt diplomatisch um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Das ganze taktieren, lamentieren, relativieren und lavieren zeigt wie ernst man den Protest plötzlich nimmt. Und so geht es ja nicht nur den deutschen Politikern - in den letzten zehn Tagen haben Polen, Tschechien, die Slowakei, Lettland, Slowenien und Deutschland die Ratifizierung des seit Monaten beschlossenen Abkommens vorerst gestoppt. Ich finde schon das sich die Politik beeindruckt von den Protesten und dem Widerstand der ACTA-Gegner zeigt.
Ob ACTA entschärft oder gar gestoppt werden kann, steht auf einem ganz anderen Blatt - aber wir beide haben ja nun einmal die Frage diskutiert, ob sich die Politik nun habe beeindrucken lassen oder nicht...;)

bitmuncher hat gesagt.:
Die 2-8% von FDP und Piraten haben da also recht wenig mitzureden.
Daher ist es ja auch gut das die Grünen und die Linken ebenfalls die Gegner des ACTA Abkommens unterstützen. Wenn wir die FDP aussen vor lassen (die schaffen die 5% Hürde vermutlich nicht), die Piraten nur mit 5% Prozent veranschlagen und die Werte nehmen, die Emnid gestern für Grüne (14%) und Linke (8%) ermittelt hat, sind wir also schon bei 27% Zustimmung für Parteien, die sich gegen ACTA aussprechen...:)
 
Wenn die Politik sich wirklich hätte beeindrucken lassen, dann würde sie ACTA nicht nur temporär stoppen sondern klar sagen, dass sie da nicht mitmacht. Das geschieht aber nicht. Das Taktieren und Lamentieren ist lediglich dazu da das Wahlvieh zu beruhigen, weil die Proteste in den Medien gezeigt wurden, und ist somit nicht mehr als heisse Luft. Durch Schönreden ändert sich nämlich bekanntermaßen nichts.

Und 27% gegen ACTA... mach dich bitte nicht lächerlich. Seit wann funktioniert denn deine heissgeliebte Demokratie auf Basis von Minderheitsmeinungen? Da kann die "Netzgemeinde" (wer auch immer das sein mag) noch so rebellisch sein, die werden an ACTA nichts ändern. Das ist wie Hippies, die gegen Krieg auf die Strasse gezogen sind. Was hat's gebracht? Nichts! Kriege werden heute genauso angezettelt wie damals. Eine Rebellion die nichts bringt, ausser dass ein paar Politiker ein bisschen heisse Luft in die Welt pupsen, ist gelinde gesagt für den Arsch. Da braucht sich die "Netzgemeinde" also gar nichts drauf einbilden. Sollte das Netz es irgendwann mal schaffen in Deutschland ein paar Millionen Menschen auf die Strasse zu bringen oder Politiker zu echtem Einlenken zu bewegen, dann hätte sie die Macht des Netzes mal wirklich genutzt. Solange ist es einfach nur Selbstbeweihräucherung mit nichts dahinter.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Wenn die Politik sich wirklich hätte beeindrucken lassen, dann würde sie ACTA nicht nur temporär stoppen sondern klar sagen, dass sie da nicht mitmacht.
Kann es sein das Du nicht beeindrucken, sondern kapitulieren meinst? Der Duden definiert beeindrucken so:
auf jemanden einen starken Eindruck machen, eine nachhaltige Wirkung haben; jemandem imponieren
Und ich denke das trifft es gut...;)
Eindruck: Sechs Staaten haben in Folge der Proteste in den letzten zehn Tagen die längst geplante Ratifizierung gestoppt.
Nachhaltige Wirkung: Wie nachhaltig die Wirkung sein wird muss sich, zugegebenermaßen noch zeigen, aber es gibt eine unbestreitbare Wirkung. Gerade erst hat z. B. EU-Justizkommissarin Viviane Reding eine Überprüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof gefordert:
"Ich begrüße die Absicht einiger Abgeordneter des Europäischen Parlaments, den Europäischen Gerichtshof um eine rechtliche Einschätzung zu bitten und klarzustellen, dass ACTA die Freiheit des Internets und die Meinungsfreiheit nicht einschränken darf", heißt es in einer am Montagabend veröffentlichten Stellungnahme (PDF-Datei) der Luxemburgerin.
[...]
"Die EU steht für ein frei zugängliches Internet sowie für Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet", schreibt die Justizkommissarin. Zwar seien Rechte am geistigen Eigentum schützenswert, aber nicht um jeden Preis. Europäische Politik müsse eine Balance zwischen diesen Rechten finden. "Der Schutz von Urheberrechten kann die Aufhebung von Meinungs- und Informationsfreiheit nie rechtfertigen", erklärte Reding weiter. "Deshalb sind Netzsperren für mich niemals eine Option."
Quelle: heise online | Reding befürwortet rechtliche Prüfung von ACTA

Unsere eigene Justizministerin argumentiert übrigens ganz ähnlich:
"Europa-Parlamentarier stellen die Frage, ob die Kommission neue Rechtsetzung beabsichtigt. Diese Frage muss umfassend beantwortet werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Alle wesentlichen Kritikpunkte, die sich auf Urheberrechtsschutz und Internet konzentrieren, müssen vom Europäischen Parlament und der Kommission beantwortet werden."
Quelle: heise online | Justizministerin fordert von EU Aufklärung über ACTA-Abkommen

Beide Foderungen sind eine direkte Folge der anhaltenden Proteste und sie könnten durchaus zu nachhaltigen Wirkungen führen, wie man dem ersten verlinkten Heise Artikel entnehmen kann:
Sollte ACTA vom EuGH geprüft werden, könnte sich die Ratifikation des umstrittenen Abkommens um einige Zeit verschieben. Da derartige Prüfungen oft langwierig sind, könnte ACTA damit unter - derzeit unwahrscheinlichen - Umständen sogar in die nächste Legislaturperiode von Europaparlament und Kommission ab dem Jahr 2014 fallen.
Das ACTA noch nicht in trockenen Tüchern ist, kann man auch in dieser recht gelungenen Zusammenfassung des ACTA Streits bei Spiegel Online nachlesen:
Am 29. Februar soll eine Debatte im Außenhandelsausschuss des EU-Parlaments über Acta stattfinden. Im Plenum soll über Acta voraussichtlich im Juli abgestimmt werden. Dabei könnte es aber wegen des erhöhten Beratungsbedarfs noch zu Verzögerungen kommen. Linke und Grüne im Europaparlament haben sich gegen Acta ausgesprochen, aus den Reihen der Sozialdemokraten und Konservativen wurden Bedenken und Vorbehalte geäußert. Eine Mehrheit für Acta ist derzeit offenbar nicht sicher.
All das ist eine nachhaltige Wirkung der Proteste, die unsere Politiker eben ganz schön beeindruckt haben...:D

Ebenfalls in dem Artikel findet sich noch diese Aussage:
In Kommissionskreisen gilt die Auseinandersetzung um ACTA als bisher beispiellos. Zwar hatte die Kommission in den Verhandlungen rund um das Abkommen einige besonders kritische Passagen herausverhandeln lassen. Dass auch diese Version auf breite öffentliche Proteste stößt, wurde in Brüssel so weder in der Kommission noch von Parlamentariern oder Lobbyisten erwartet.
Ich denke damit ist auch der Punkt "jemanden imponieren" erfüllt...;)

Damit ist die Duden Definition von beeindrucken, meiner Meinung nach, hunderprozentig erfüllt. Du jedoch forderst die Politik müsse "klar sagen, dass sie da nicht mitmacht" - also ihren eigenen Standpunkt völlig aufgeben und den Standpunkt des Gegner übernehmen. Das fällt für mich eher unter kapitulieren, was der Duden unter anderem so definiert:
Das fordern die wenigsten der zahlreichen ACTA Kritiker, den meisten geht es afaik eher um mehr Transparenz, Streichung von schwammigen Passagen - vereinfacht gesagt um eine Entschärfung von ACTA.
bitmuncher hat gesagt.:
Und 27% gegen ACTA... mach dich bitte nicht lächerlich.
Du hast doch die Milchmädchenrechnung aufgemacht, dass mit FDP und Piraten nur 2-8 Prozent gegen ACTA wären - womit Du die Tatsache, dass die Grünen und die Linke sich ebenfalls gegen ACTA ausgesprochen haben (übrigens auch auf EU Ebene) mal eben unter den Tisch fallen lassen hast. Aber 2-8 Prozent klingt für Deine Argumentation ja auch viel besser, als 27-30 Prozent...:rolleyes:

bitmuncher hat gesagt.:
Seit wann funktioniert denn deine heissgeliebte Demokratie auf Basis von Minderheitsmeinungen? Da kann die "Netzgemeinde" (wer auch immer das sein mag) noch so rebellisch sein, die werden an ACTA nichts ändern.
Ja, ich gebe zu das ich ein Fan der Demokratie bin. Und ein Merkmal der Demokratie ist es einen Konsens, bzw. einen Kompromiss zu finden.
Den meisten Kritikern geht es vor allem darum ACTA zu entschärfen (gegenüber der ursprünglichen Version ist es ja auch schon ziemlich entschärft) und Dank dem Druck der Öffentlichkeit, der für wachsende Unterstützung in der Politik sorgt, stehen die Chancen gut das ACTA noch weiter modifiziert wird. Ist es nicht herrlich, wenn Demokratie funktioniert? :D
Und ganz nebenbei: Welches System würdest Du bevorzugen, wo Du für Demokratie scheinbar nur Verachtung übrig hast? Eine "wohlmeinende" Diktatur?
 
Ein Gutachten des EuGH wurde bereits im Dezember von EU-Abgeordneten im Rechtsausschuss gefordert. Das ist also nicht auf die Proteste zurückzuführen. Da packt man jetzt lediglich etwas längst beschlossenes aus um die Wähler milde zu stimmen. Bereits im April hatte aber die EU-Kommission bekanntgegeben, dass ACTA "tatsächlich vollständig mit dem relevanten EU-Recht vereinbar" ist. Ein Gutachten durch den EuGH ist also eher als Hinhaltetaktik zu bewerten. Die Frage sollte auch nicht sein ob es mit EU-Diktatur-Recht vereinbar ist, sondern ob ACTA mit nationaler Gesetzgebung der einzelnen EU-Länder vereinbar ist. Sonst müssen evtl. nachher Grundrechte von Bürgern beschnitten werden, weil die EU das so vorschreibt.

Eine Mehrheit für ACTA bedeutet übrigens, dass alle EU-Staaten zustimmen müssen. Sobald einer nicht zustimmt, ist ein EU-Beitritt zu ACTA ausgeschlossen.

Tarantoga hat gesagt.:
Aber 2-8 Prozent klingt für Deine Argumentation ja auch viel besser, als 27-30 Prozent...
27-30% klingt genauso lächerlich, da es noch immer eine Minderheit ist und nicht mal eine 2/3-Mehrheit ankratzen könnte.

Tarantoga hat gesagt.:
Welches System würdest Du bevorzugen, wo Du für Demokratie scheinbar nur Verachtung übrig hast? Eine "wohlmeinende" Diktatur?

Und ganz nebenbei... mir wäre eine echte Demokratie durchaus genehm, aber die Postdemokratie, in der wir leben, ist allerhöchstens dazu geeignet Leuten wie dir vorzuspielen, dass sie irgendwelchen Einfluss auf die Politik hätten. "Hoho... schau mal wie viel unsere Proteste bewirkt haben. Nur dumm, dass wir nicht bemerkt haben, dass alles, was nun öffentlich gefordert wird, bereits vor geraumer Zeit von Politikern ohne grossen Presserummel gefordert und beleuchtet wurde." :rolleyes:

Ich hoffe aber mal, dass du nicht ernsthaft glaubst, wir würden in einer Demokratie leben. ;)
 
bitmuncher hat gesagt.:
Ein Gutachten des EuGH wurde bereits im Dezember von EU-Abgeordneten im Rechtsausschuss gefordert. Das ist also nicht auf die Proteste zurückzuführen. Da packt man jetzt lediglich etwas längst beschlossenes aus um die Wähler milde zu stimmen.
Der Unterschied ist eben, dass es jetzt nicht "irgendwelche EU-Abgeordneten", sondern die EU-Justizkommissarin und Vizepäsidentin der EU-Kommission Viviane Reding selbst fordert. Der Unterschied ist das es jetzt, mit Leutheusser-Schnarrenberger, eben die Justizministerin des Landes mit der größten europäischen Volkswirtschaft fordert. Der Unterschied ist eben, dass sechs Länder mittlerweile die Ratifizierung ausgesetzt haben...

bitmuncher hat gesagt.:
Und ganz nebenbei... mir wäre eine echte Demokratie durchaus genehm, aber die Postdemokratie, in der wir leben, ist allerhöchstens dazu geeignet Leuten wie dir vorzuspielen, dass sie irgendwelchen Einfluss auf die Politik hätten. "Hoho... schau mal wie viel unsere Proteste bewirkt haben. Nur dumm, dass wir nicht bemerkt haben, dass alles, was nun öffentlich gefordert wird, bereits vor geraumer Zeit von Politikern ohne grossen Presserummel gefordert und beleuchtet wurde."
Ein interessanter Absatz! Bisher hast Du immer den Standpunkt vertreten die Politik will ACTA, die Politik setzt ACTA durch und die Politik scheißt auf die Proteste gegen ACTA. Jetzt sagst Du plötzlich, dass Politiker schon vor geraumer Zeit Dinge gefordert haben, die jetzt in den Medien von Kritikern gefordert werden? Irgendwie widersprichst Du Dir selbst...:rolleyes: Und bei "geraume Zeit" fällt mir ein, dass der Protest gegen ACTA schon genauso alt wie ACTA selbst ist und das auch Forderungen von Politikern vor "geraumer Zeit" vermutlich dem Protest geschuldet waren.Außerdem ist der "Presserummel" auch den Protesten geschuldet, dass ACTA mittlerweile nicht nur in Geek-Foren, bei Heise und in der Piratenpartei diskutiert wird, sondern in allen Medien und den wichtigsten Zeitungen des Landes, ist eine direkte Folge der seit Monaten anhaltenden Proteste.
Ich schätze ich bin übrigens tatsächlich ein Mensch, der gerne daran glaubt, dass die Politik in demokratischen Staaten sich gelegentlich vom Willen der Bürger beeinflussen lässt. Vielleicht ist das naiv - aber es ist sicher konstruktiver durch diese Haltung zu versuchen an der politischen Entscheidungsfindung zu partizipieren, als sich hinzustellen und ständig nur zu jammern das Meinungsäußerung nix bringt, das Demonstrationen nix bringen und das man gar nicht erst versuchen braucht etwas zu bewegen...:rolleyes:

bitmuncher hat gesagt.:
Ich hoffe aber mal, dass du nicht ernsthaft glaubst, wir würden in einer Demokratie leben.
Ich bin jedenfalls der erste, der zugibt das es Verbesserungsbedarf bei unserer Demokratie gibt - auf nationaler Ebene, noch mehr aber auf internationaler Ebene (EU)...;)
 
Nein, ich sage nicht "plötzlich", sondern ich weise lediglich auf die offensichtliche Hinhaltetaktik der Politik hin, die gerade bezüglich ACTA gefahren wird. Dass eine Vorlage beim EuGH irgendwas bringen würde, wurde nämlich bereits im April letzten Jahres angezweifelt und sowohl Lobbyisten als auch Politiker liessen da schon vernehmen, dass es lediglich eine Verzögerung bewirken würde. Jetzt brauchen sie diese Verzögerung, damit die Medien sich wieder beruhigen und schon holt man diese Forderungen wieder aus der Schublade.

Aber rede dir die vermeintlichen Erfolge der Proteste ruhig weiter schön, wenn es dich glücklich macht. Und doktort mal ruhig weiter an den Symptomen rum, anstatt das eigentliche Problem, nämlich den Einfluss der Lobbys auf die Politik, direkt anzugehen. :rolleyes:
 
bitmuncher hat gesagt.:
Und doktort mal ruhig weiter an den Symptomen rum, anstatt das eigentliche Problem, nämlich den Einfluss der Lobbys auf die Politik, direkt anzugehen.
Aber genau auf dieser Problematik liegt, dank den Protesten, doch das Scheinwerferlicht des öffentliches Interesses. In praktisch allen Tageszeitungen konnte man lesen das ACTA deshalb so umstritten ist, weil hier die Wirtschafts-Lobbyisten, im Netzjargon in diesem Kontext auch gerne Content-Mafia genannt,mal wieder der Politik den Stift geführt hat. Exemplarisch dafür hier nur ein Zitat aus diesem Spiegel Resümee zum Streitthema ACTA:
Dass Acta unter Ausschluss der Öffentlichkeit unter großem Einfluss von Lobbyisten entstanden ist, sorgt ebenso für Kritik wie Inhalte des Abkommens.
Oder in der FAZ
Es geht um ein Abkommen. Deutschland, die EU, Amerika und elf weitere Staaten haben es verhandelt, sieben Jahre lang. Politiker, Beamte, Lobbyisten sind durch die Welt geflogen, es wuchsen Papierberge. Das Abkommen heißt „Acta“ und regelt die Durchsetzung des Urheberrechts im Internet.
Tatsächlich reagiert man sogar in Brüssel bereits auf die massive Kritik und geht in die Defensive, wie man z. B. in der Sueddeutschen nachlesen kann:
Die Brüsseler Behörde veröffentlichte am Montag einen detaillierten Überblick der ACTA-Verhandlungen. Die EU-Kommission betonte, für Lobbyisten habe es keine Vorzugsbehandlung gegeben.
Ich war heute vormittag bei meinen Großeltern und als mein Opa - der stark auf die 90 zugeht, noch nie einen Computer angefasst hat und für den das Internet nur ein Wort ist - hörte, dass ich am Samstag bei der Demo war, nickte er verständnisvoll und sagte wortwörtlich: "Die jungen Leute sind ja wohl deshalb so wütend, weil die Politiker da mit der Wirtschaft gemauschelt haben." Dieses Wissen hat er aus der Berichterstattung über die Proteste abgeleitet...:)

Der erste Schritt um ein Problem zu lösen, ist zu erkennen das es ein Problem gibt. Bei Problemen, die ganze Gesellschaften betreffen, gehört zu diesem Schritt eben dazu möglichst in der ganzen Gesellschaft ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen. Das ist im übrigen auch der tiefere Sinn einer Demonstration: Die Aufmerksamkeit der breiten Masse auf ein bestimmtes Thema oder Problem zu lenken. Und das ist den Aktivisten, Organisatoren und Demonstranten imho eindrucksvoll gelungen.
ACTA ist vorerst auf Eis gelegt und wird vermutlich noch einmal geprüft und überarbeitet werden - gut möglich das einige der schwammigen Passagen nachgebessert werden. Und genau das ist es ja worum es den meisten der besser informierten, ernsthaften ACTA Kritiker geht: Unklarheiten beseitigen, Rechtssicherheit schaffen...;)

Aber vermutlich rede ich mir nur wieder etwas schön, denn jeder weiß doch das Engagement & Proteste nichts bringen - deshalb ist SOPA in Kraft getreten, Zenursulas Websperrengesetz nicht kassiert worden, die Laufzeitverlängerung nicht aufgehoben worden und Duisburgs OB Sauerland nicht von dem eigenen "Wahlvieh" aus dem Amt gejagt worden...:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
In einem Punkt hat bitmuncher (leider) recht: so ein paar 10k Demonstranten können relativ wenig ausrichten. Wesentlich mehr können die Medien ausrichten. Diese können für die Öffentlichkeit ein Bild suggerieren, dass ACTA mit der Pest gleichzusetzen ist. Das dumme Wahlvieh wird dann automatisch Pro-ACTA-Partei mit böse-Partei gleichsetzen und so das Thema für Parteien so attraktiv wie Atomkraft machen. Dafür muss jedoch erst einmal etwas interessantes/hippes geschehen und da bietet sich eine Demonstration (ist seit S21 wieder Mode) der Internet-(Internet wird auch noch die nächsten 2 Jahre Hip bleiben)rebellion an.
 
xrayn hat gesagt.:
In einem Punkt hat bitmuncher (leider) recht: so ein paar 10k Demonstranten können relativ wenig ausrichten. Wesentlich mehr können die Medien ausrichten.
FullACK! Und genau deswegen sind die "paar 10K Demonstranten" bei -10 Grad auf dei Straße gegangen: Um die Aufmerksamkeit der Medien zu erregen und durch das mediale Echo, der Kritik weithin Gehör zu verschaffen...;)
 
Nur als Randbemerkung:

ACTA ist keinerlei Gesetz, sondern ein völkerrechtliches Abkommen - ein Vertrag zwischen Staaten, der Urheberrechte betrifft und verdammt schwammig formuliert ist, sodass auch ziemlich Interpretation im Umlauf ist. Die Gefahr besteht u.a. darin das Staaten verschiedene Gesetze erlassen um den Vertrag zu erfüllen. Am Ende wird es soweit kommen das Rechteinhaber schon fast als Richter fungieren koennen.

Was ich gerade auf dem Domainpulse in Hamburg erfahren habe: ACTA beinhaltet auch Saatgut :) Ich vermute diese Nummer kommt von Monsanto, welche in einigen Staaten Patente auf (eigene) Pflanzensorten haben.

Nach meiner anfaenglichen Skepsis sehe ich ACTA als brandgefährlich und muss um jeden Preis gestoppt _bleiben_.

Hier eine aktuelle Version des ACTA Entwurfs in deutsch :)
http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/11/st12/st12196.de11.pdf
 
Nur als Randbemerkung:

ACTA ist keinerlei Gesetz, sondern ein völkerrechtliches Abkommen - ein Vertrag zwischen Staaten, der Urheberrechte betrifft und verdammt schwammig formuliert ist, sodass auch ziemlich Interpretation im Umlauf ist. Die Gefahr besteht u.a. darin das Staaten verschiedene Gesetze erlassen um den Vertrag zu erfüllen. Am Ende wird es soweit kommen das Rechteinhaber schon fast als Richter fungieren koennen.

Genau deshalb ist nicht ACTA die Gefahr, sondern die Gesetze, die davon betroffen sind.
Wie unsere Justizministerin schon treffend bemerkte sind die Forderungen, welche in ACTA
niedergeschrieben wurden, in Deutschland schon umgesetzt. Es besteht keinerlei Bedarf
eine Gesetzesänderung oder neue Gesetze aufgrund von ACTA zu beschliessen.
Hier auf sollte die "Netzgemeinde" und der Bürger sich konzentrieren und nicht auf
irgendwelche Horrorszenarien.
Prinzipiell ist ACTA zu befürworten, da es auf internationaler Ebene Rechtssicherheit
schafft und damit auch das Internet voran bringen könnte. Es geht die Umsetzung zu überwachen
und nicht eine Anpassung der Rechtssprechung auf internationaler Ebene zu verhindern.

Gruss
 
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