[TdW 133] Dresdner Demonstrationsverbot - ein Sieg der Terroristen?

Diese Woche beschäftigt sich das TdW mit dem gerade erfolgten Demonstrations- bzw. Versammlungsverbot in Dresden. Zum ersten Mal seit afaik zwölf Wochen sind gestern keine "Patriotischen Europäer" durch Dresden spaziert - aber nicht etwa weil ihnen die Teilnehmer abspenstig wurden, sondern weil ihre Versammlung (und die Gegendemonstrationen) verboten wurden.
Tatsächlich hat die Polizei, angeblich aufgrund konkreter Terrorwarnungen, für gestern sämtliche Versammlungen unter freien Himmel in Dresden untersagt und alle öffentlichen Kundgebungen verboten. Nun gehören aber das Versammlungsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu den verbrieften Grundrechten - das Verbot in Dresden ist also ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Laut der Polizei gibt es konkrete Anschlagspläne gegen die PEGIDA-Kundgebung, genauer gesagt Morddrohungen gegen einen der Organisatoren.
So klingt das beim Dresdener Polizeipräsidenten:
„Wir gehen in der Bewertung der aktuellen Lage nicht mehr nur von einer abstrakten Gefahr, sondern von einer konkreten aus. Konkret in Bezug auf eine gefährdete Person, deren Umfeld sowie daran gebunden Ort und Zeit. Konkret heißt auch: Es geht um ein Mitglied des Orgateams von Pegida und die Versammlungen für den 19. Januar 2015.“
Und so bei unserem Innenminister:
„Darunter sind belastbare und weniger belastbare Hinweise“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag. „Die Lage ist ernst, es besteht Grund zur Sorge und Vorsorge, jedoch nicht zu Panik und Alarmismus.“
Quelle für beide Zitate: Terrorgefahr: Polizei untersagt alle Demonstrationen in Dresden - Politik - FAZ

Natürlich trägt die Polizei letztendlich die Verantwortung für die Sicherheit der Demonstranten, doch das Problem ist das es im Grunde keine Möglichkeit gibt die Behauptungen der Polizei zu verifizieren. Im Grunde kann man die Aussagen einfach nur glauben, was in einem Rechtsstaat auch eigentlich kein Problem sein sollte - es sei denn man hat im Hinterkopf wie leicht Vertretern von Geheimdiensten & Polizeibehörden z. B. in Bezug auf die staatliche Überwachung Lügen von den Lippen gehen. Oder wie leichtfertig Sicherheitsbehörden im Zuge der Überwachung Grundrechte und Gesetze gebeugt, umgangen oder gebrochen haben.
Für die Polizei in Dresden, die spätestens seit dem Mord an einem Flüchtling am letzten Montag, mächtig unter Druck steht, kommt dieses Verbot vermutlich ziemlich gelegen. Und gerade die sächsische Polizei hat eine recht unrühmliche Tradition was einen rechtlich fragwürdigen oder gar ungesetzlichen Umgang mit Demonstrationen angeht: Zum einen ist da die Sache mit der massenhaften Funkzellenabfrage bei Demonstrationen, die vom Landgericht Dresden als rechtswidrig eingestuft wurde, zum anderen - ganz aktuell - die Beschlagnahmung der Handys von Demonstranten anlässlich der oben erwähnten Ermordung eines Flüchtlings:
Die spontane Demonstration richtete sich offensichtlich gegen Ermittlungspannen beim Mord an Khaled Idris Bahray (20). Der aus Eritrea stammenden Geflüchtete war am Dienstag Morgen in Dresden erstochen aufgefunden worden. Obwohl er an mehreren Stellen blutete, behauptete die Polizei bis zum nächsten Tag dass kein Fremdverschulden zu erkennen sei. Der Tatort wurde zunächst nicht untersucht oder gesichert.
[...]
Daraufhin habe die Polizei “sofort alle Handys der Linksradikalen beschlagnahmt, um die Daten auszuwerten”. Mittlerweile wird die Beschlagnahme der Telefone bei Indymedia bestätigt. Zur Begründung der Maßnahme zitiert MOPO24 einen Polizist mit den Worten “Wir lassen uns das nicht bieten und werden mit aller Konsequenz reagieren!”. Es ist aber unklar, ob die Maßnahme überhaupt legal ist: Nirgends wird berichtet, auf welcher Rechtsgrundlage die Beschlagnahme bzw. eine etwaige Auswertung erfolgt. Auch die Polizei schweigt dazu.
Quelle: https://netzpolitik.org/2015/nach-s...-beschlagnahme-von-mobiltelefonen-in-leipzig/

Vor diesem Hintergrund kann einen das Demonstrationsverbot schon nachdenklich machen - wenn es wirklich auf konkrete Anschlagspläne zurückgeht, haben dann die Terroristen nicht einen Sieg errungen? Wenn wir anfangen aus Angst Grundrechte zu beschneiden (wie das seit 09.11. leider immer wieder geschehen ist), spielen wir Terroristen und Feinden des demokratischen Rechtstaates nicht in die Hände?
Andererseits: Wenn man den Behauptungen der Polizei nicht vorbehaltlos glauben kann und ein leiser Zweifel bleibt ob die zuständigen Behörden nicht einfach eine politische oder taktische Entscheidung getroffen haben, kann man dann überhaupt noch von einem Rechtsstaat sprechen?

Quellen & mehr zum Thema:
Sachsen: Funkzellenabfrage bei Anti-Nazi-Protest war rechtswidrig | heise online
https://netzpolitik.org/2015/nach-s...-beschlagnahme-von-mobiltelefonen-in-leipzig/
Terrorgefahr: Polizei untersagt alle Demonstrationen in Dresden - Politik - FAZ
Demonstrationsverbot in Dresden - Radikaler Schritt - Politik - Süddeutsche.de
Pegida: Demonstrationsverbot in Kritik - SPIEGEL ONLINE
 
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Wenn ich das nicht gänzlich falsch mitbekommen habe, kamen die Anschlagsdrohungen nicht nur von islamistischer Seite sondern auch von der Antifa.
 
... sondern auch von der Antifa.

Jaja... wenn Nazis im Spiel sind, dann kann die AntiFa nicht weit sein, das weiß jeder gute Verschwörungstheoretiker. Da werden die bei Naziaufmärschen üblichen Racheaufrufe auf indynews oder medienwirksame Morgenthau-Aktionen ganz schnell mal als Gefahr für Leib und Leben interpretiert. Gerade bei der Polizei in Sachsen ist man da ganz vorsichtig, gilt dort die AntiFa doch als deutlich gefährlicher und gewalttätiger, als die IS in Syrien.

*scnr*
 
Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass man nicht alles den Islamisten zuordnen kann. Wir haben auch Terroristen, die nichts mit Religion sondern mit Ideologien zu tun haben, die Rechten (siehe NSU) genau so wie die Linken (siehe Morgenthau). Dieser sollte in diesem Zusammenhang genau so betrachtet werden.
 
Welches Verhältnis sollen Nazis eigentlich zu einer Anti-Islam-Demo haben? Hitler verstand sich schließlich ziemlich gut mit dem Islam und der Muslim-Bruderschaft und es haben drei muslimische SS-Divisionen fürs Reich gekämpft... :D
 
Das Problem ist ja, dass wir gar nicht genau wissen weshalb und warum.
Wenn es wirklich begründet war und Gefahr für die Demonstranten
bestand, weil die Polizei sich nicht im Stande sieht diese zu schützen,
dann ist es vllt. doch besser zum Schutz aller eben jene zu verbieten.

Tote können schlecht demonstrieren.

Die Pegida hat ja wohl vorher von selbst schon die Demonstration nach
Drohungen abgesagt. Nur wenn ich Terror verbreiten will gehe ich zur
nächsten Menschenmenge. Im Endeffekt wäre die Polizei in jedem Fall
der Dumme gewesen hätten sie es erlaubt und es wäre zu einem
Anschlag gekommen wäre dieselbe Diskussion entbrannt warum man es
nicht verboten hat.

Solange es wirklich nur Ausnahmen sind und sich nicht auf die Art der
Demonstration bezieht finde ich ist es meiner Meinung nach vertretbar.
 
Solange es wirklich nur Ausnahmen sind und sich nicht auf die Art der
Demonstration bezieht finde ich ist es meiner Meinung nach vertretbar.

Mit anderen Worten: In Zukunft kann man jede Demo mit einer simplen Drohung unterbinden. Oder man kann auch einfach nur behaupten, es würde eine Drohung vorliegen.

Wäre es wirklich so schwer einen entsprechend grossen Bereich/Strassenzug abzusperren und jeden zu kontrollieren, der diesen Bereich betritt? Ich glaube kaum. Silvester in Berlin zeigt, dass das geht. Da waren es sogar hunderttausende Teilnehmer am Brandenburger Tor.
 
Wäre es wirklich so schwer einen entsprechend grossen Bereich/Strassenzug abzusperren und jeden zu kontrollieren, der diesen Bereich betritt? Ich glaube kaum. Silvester in Berlin zeigt, dass das geht. Da waren es sogar hunderttausende Teilnehmer am Brandenburger Tor.

Du warst auch noch nie auf ner Demo, oder?
 
Genau das ist ja der Punkt war es eine simple Drohung? Das Problem ist
das wir nichts erfahren, warum, wieso, weshalb...

Jeden kontrollieren das klappt ja noch nicht mal in Fußball Stadien oder
wieso kommen dort immer wieder Pyro Technik vor? Für Sprengsätzen
muss man ja noch nicht mal anwesend sein.

Gehen wir mal vom schlimmsten Fall aus und es war keine simple
Drohung und bei den Demonstrationen wäre wirklich etwas Schlimmes
passiert. Wäre das dann besser gewesen?
Selbst wenn die Polizei alles abgesperrt hätte jeden Kontrolliert hätte.
Alleine die Kontrollen wären doch den Demonstranten als Maßnahme
gegen die Demo vorgekommen. Was glaubst du wie die Menschen
reagieren die zur Demo wollen und vorher von Kopf bis Fuß durchsucht
werden. Vermutlich wären dann auch wieder genug dagewesen die
aggressiv gegenüber der Polizei geworden wären.
Mit einem einfachen das ist zu ihrer allen Sicherheit hätten die sich
garantiert nicht abgefunden.

Solange man nicht genau weiß wieso, weshalb, warum so entschieden
wurde kann man glaube ich schlecht darüber urteilen. Wenn es wirklich
nur eine simple Drohung war ohne Hand und Fuß dann muss es
Konsequenzen haben.
 
Wenn es wirklich
nur eine simple Drohung war ohne Hand und Fuß dann muss es
Konsequenzen haben.

Haha, du meinst wie Polizeigewalt? Unberechtigte Einkesselung? Durchsuchung? Beliebige Repression, selbst von medizinischem Personal? Zusammenhalt bei der Polizei, der bis hin zu Falschaussagen vor Gericht geht? Wie Beliebigkeit beim Rausziehen von Demonstranten, selbst noch nach dem offiziellen Ende? Der willkürlichen Überwachung von GSM-Verbindungen? Oder gleich dem Kassieren von Smartphones und Handies? Wie beliebige Umgestaltung der Strecke, weil "das nunmal so bestimmt wurde"? Oder der Einsatz schwerer Waffen wie Wasserwerfer, Pfefferspray oder ähnliches, auch gerne gegen nicht gewalttäige Demonstranten? Die Rückendeckung der Politik, die inzwischen selbst die Polizei erkennen lässt, dass sie wie Prostituierte für die Politik nur noch Mittel zum Zweck ist?

Was denkt ihr eigentlich, warum auf den meisten Demos von Links oder Rechts "Fuck the Police", Bullenschweine oder ähnliches skandiert wird? Aus Spaß? Ich sags euch: Weil die Demonstrationsfreiheit bei sehr vielen Demos inzwischen massiv und insbesondere oft beliebig beschnitten wird - und man dagegen nichts tun kann. Das weiß jeder Mensch, der schonmal auf einer Demo war, und sei es hier im Kontext dieses Forums nur Freiheit gegen Angst, bei der ein Fahrradfahrer bekanntlich von Polizisten verhaftet und geschlagen wurde. Wer also davon spricht, dass es hier in Deutschland soetwas wie Demonstrationsfreiheit gäbe, der ist entweder TheoretikerIn oder naiv.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du warst auch noch nie auf ner Demo, oder?

Vermutlich auf einigen mehr als du. :rolleyes: Wer bereits etwas länger hier im Habo dabei ist als du, der weiss auch, dass ich meine Frau auf einer solchen kennengelernt habe, wo wir mit einigen Habo'lern dabei waren. Mit etwas stöbern wirst du den zugehörigen Thread hier im Board auch finden. Aber deine Aussagen hier machen den Eindruck als würdest du Grossdemos nur aus den Medien kennen. Sonst wüsstest du, dass die Medien einzelne Zwischenfälle sehr aufbauschen, während die tausenden friedlichen Leute gern als Nebensache angesehen werden.

Auf jeden Fall wäre ein abgesperrter Bereich immer noch besser als eine Demo zu verbieten. Den meisten Menschen geht es nämlich darum ihre Meinung äußern zu können. Das Rumgelatsche ist für diese wiederum eher Nebensache.

Im übrigen kann ich durchaus verstehen und bin unserer Polizei auch sehr dankbar, wenn sie den schwarzen Block bei Grossdemos einkassiert. Die sind es übrigens auch, die Bullenschweine u.ä. skandieren. Weiss ich aus Erfahrung. War nämlich in meiner Jugend oft genug mitten drin. Ausrutscher wie S21 sind bisher (glücklicherweise) Ausnahmen geblieben und waren nachweislich auf Anweisungen der zuständigen Politiker zurückzuführen. Die Polizisten machen auch nur ihren Job.

Genau das ist ja der Punkt war es eine simple Drohung? Das Problem ist
das wir nichts erfahren, warum, wieso, weshalb...

Jeden kontrollieren das klappt ja noch nicht mal in Fußball Stadien oder
wieso kommen dort immer wieder Pyro Technik vor? Für Sprengsätzen
muss man ja noch nicht mal anwesend sein.

Gehen wir mal vom schlimmsten Fall aus und es war keine simple
Drohung und bei den Demonstrationen wäre wirklich etwas Schlimmes
passiert. Wäre das dann besser gewesen?
Selbst wenn die Polizei alles abgesperrt hätte jeden Kontrolliert hätte.
Alleine die Kontrollen wären doch den Demonstranten als Maßnahme
gegen die Demo vorgekommen. Was glaubst du wie die Menschen
reagieren die zur Demo wollen und vorher von Kopf bis Fuß durchsucht
werden. Vermutlich wären dann auch wieder genug dagewesen die
aggressiv gegenüber der Polizei geworden wären.
Mit einem einfachen das ist zu ihrer allen Sicherheit hätten die sich
garantiert nicht abgefunden.

Solange man nicht genau weiß wieso, weshalb, warum so entschieden
wurde kann man glaube ich schlecht darüber urteilen. Wenn es wirklich
nur eine simple Drohung war ohne Hand und Fuß dann muss es
Konsequenzen haben.

Komisch... bei der Silvester-Party am Brandenburger Tor funktionierte das recht gut. Dass man bei Fussballspielen zu wenig Polizei einsetzt, ist übrigens kein Argument dafür, dass es nicht funktioniert. Die Polizei ist dort nämlich zumeist sichtlich überfordert, da total unterbesetzt.
 
Mit anderen Worten: In Zukunft kann man jede Demo mit einer simplen Drohung unterbinden. Oder man kann auch einfach nur behaupten, es würde eine Drohung vorliegen.

Definitiv geht dies bereits. Ein Anruf genügt und Bahnhöfe, Flughäfen .... und
mit Sicherheit auch Demos werden "geräumt"
Wäre es wirklich so schwer einen entsprechend grossen Bereich/Strassenzug abzusperren und jeden zu kontrollieren, der diesen Bereich betritt? Ich glaube kaum. Silvester in Berlin zeigt, dass das geht. Da waren es sogar hunderttausende Teilnehmer am Brandenburger Tor.

Ich möchte bei einer Demo eigentlich nicht unbedingt kontrolliert und schon gar
nicht erkennungsdienstlich kontrolliert werden.

In diesem Fall sehe ich noch nicht mal eine Einschränkung von Demonstrationsrecht oder
freier Meinungsäusserung. Sie hatten bereits und werden auch in Zukunft oft
genug Gelegenheit gehabt und haben diese zu äussern und auf die Strasse zu gehen.
Es gab in der Vergangenheit keine ernsthaften Bemühungen diese Demos zu verbieten.
Hingegen sehe ich durchaus ein erhöhtes Gefährdungspotential durch Nachahmer,
egal welcher Richtung. So kurz nach dem Anschlag in Paris, da müssen
Drohungen auch vage durchaus ernster genommen werden.

Gruss
 
Den meisten Menschen geht es nämlich darum ihre Meinung äußern zu können.
Wenn rechts und links von dir Reihen aus gepanzerten Polizisten stehen, die jeden deiner Schritte beobachten und filmen oder deine Strecke gar abgegittert ist und du weißt, dass die kleinste falsche Bewegung als Angriff interpretiert werden könnte und sei es nur, um sich gegen eine Anordnung der Polizei zu widersetzen, dann fühlt sich niemand frei, seine Meinung zu äussern. Auch interessiert sich doch dann niemand mehr für die Meinung, sondern für den Trubel außenrum. Das ist wahre Demonstrationsfreiheit, oder? Da freut man sich, endlich mal seine Meinung sagen zu dürfen :rolleyes:

Im übrigen kann ich durchaus verstehen und bin unserer Polizei auch sehr dankbar, wenn sie den schwarzen Block bei Grossdemos einkassiert. Die sind es übrigens auch, die Bullenschweine u.ä. skandieren.
Der Schwarze Block formt im Verhältnis zur großen Masse aber aus einer recht überschaubaren Anzahl an Personen. Blockupy bestant nicht ausschliesslich aus dem schwarzen Block, trotzdem wurden Demonstrationen, gerade in Frankfurt, oft genug mit Kesseln und Routenänderungen schickaniert und eingeschüchtert. Das Resultat sind Gerichtsverfahren, die heute noch andauern. Auch im deutlich friedlicheren Bildungsstreik gab es Auseinandersetzungen mit der Polizei und da lief der schwarze Block oft nichtmal mit, geschweige denn, dass diese Auseinandersetzungen in den Medien thematisiert wurden. Da waren teilweise sogar Kinder, die die Gewalt vor Ort mitbekommen haben. Dass die Polizeigewalt keine Ausnahmen waren, belegt inzwischen auch die Politik, indem sie (zumindest hier in Hessen) nach Jahren der Forderungen endlich Nummernschilder für PolizistInnen eingeführt hat und Polizeigewalt allgemein inzwischen in vielen großen Zeitungen immer präsenter wird und nicht nur in Demozeiten. Ingesamt wird auf vielen Demos die Polizei nicht mehr als Schutz wahrgenommen, sondern als politisches Sprachrohr, als Prügelarmee oder repressive Autorität. S21, Blockupy, Anti-TTIP-Demos oder der Bildungsstreik sind große Beispiel dafür, kleinere wären der Protest gegen den Flughafen FFM, diverse Demonstrationen von Flüchtlingen gerade in München und Berlin, oder in den großen Medien eher unbekannte Wohnungsnot- und Hausbesetzer-Szene.

Ich habe mich übrigens auch mit der Polizei schon darüber unterhalten dürfen. Selbst sie gibt zu, dass manche Kollegen, gerade die von der Bereitschaftspolizei, nicht die Erfahrung aufweisen, um mit Krisensituationen umgehen zu können. Geschweige denn, dass auch intern Anweisungen zur Abhärtung gibt, weswegen gerade Bereitschaftspolizisten zu Demonstrationen mit vergleichsweise hohem Widerstandspotential, wie z.B. die Anti-Atom-Demos im Wendland, geschickt werden. Die Polizei ist auch darauf trainiert zu erkennen, wenn jemand ein Messer oder ähnliches zieht. Diese subjektive Befürchtung und Angst läuft ebenfalls immer mit, selbst wenn das Eintrittsrisiko objektiv deutlich geringer ist. Hinzu kommt die Einsparung beim Personal und die Pflicht-Situation in der Beamte stehen. Da muss man nunmal auch am Sonntag arbeiten, selbst wenn die Eltern, Freunde oder Familie Geburtstag feiern. Dass das vielen nicht gefällt, ist nur zu gut verständlich. Nicht jeder kann Job und Freizeit trennen.

Vielleicht noch kurz zum Thema, um meine Position zu verdeutlichen:
Die Polizei sollte unter keinen Umständen die Möglichkeit besitzen, mit solchen lappidaren begründeten Argumenten eine Demonstration abzusagen, gerade nicht in Zeiten, in denen Sicherheit über Freiheit steht. Die Polizei sollte hier lediglich eine beratende Position inne haben, aber keine kontrollierende. Wenn die Demo-Orga die Demonstration stattfinden lassen will, auch bei berechtigten Drohungen, dann muss das erlaubt werden, meinetwegen auch unter der Bedingungen, dass diese Sorgen der Polizei kommuniziert werden müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn rechts und links von dir Reihen
aus gepanzerten Polizisten stehen, die jeden deiner Schritte beobachten
und filmen oder deine Strecke gar abgegittert ist und du weißt, dass die
kleinste falsche Bewegung als Angriff interpretiert werden könnte und
sei es nur, um sich gegen eine Anordnung der Polizei zu widersetzen,
dann fühlt sich niemand frei, seine Meinung zu äussern. Auch interessiert
sich doch dann niemand mehr für die Meinung, sondern für den Trubel
außenrum. Das ist wahre Demonstrationsfreiheit, oder? Da freut man
sich, endlich mal seine Meinung sagen zu dürfen :rolleyes:

Was meinst du passiert den wenn z.b. die Politik hingehen würde und
sagt die Polizei tritt bei keiner Demonstation mehr zu Tage (abgesehen
von Verkehrspolizisten die den Verkehr leiten). Alles ein für und wieder
meiner Meinung nach. Es gibt genug Demos die friedlich sind aber auch
genug wo ich gar nicht wissen möchte was passiert wenn die Polizei
nicht "lenkend" eingreift.

Polizei Gewalt auf Demonstrationen ist ja wieder ein ganz anderes
Thema.

Da auf mich der Punkt Theoretiker zustimmt... halte ich mich jetzt daran
"Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten"
 
Was meinst du passiert den wenn z.b. die Politik hingehen würde und
sagt die Polizei tritt bei keiner Demonstation mehr zu Tage (abgesehen
von Verkehrspolizisten die den Verkehr leiten).
Die Aufgabe der Polizei ist es, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen - auch während Demonstrationen gegen Steinewerfer und Gegendemonstranten. Es ist nicht ihre Aufgabe, Demonstrationen zu managen, zu planen oder gar politische Meinungen zu äussern, zu vertreten oder durchzusetzen.
 
Ich denke auch, dass man die Polizeigewalt, deren miese Bezahlung, die fehlende psychologische Betreuung, die Hetze einiger Vorgesetzer etc. gesondert betrachten muss. Es ist nicht das Gro der Polizsten, das zur Gewalt neigt. Auffälligerweise sind es bestimmte Polizeizüge, die in dieser Hinsicht besonders in Erscheinung treten. Ich erinnere mich da an die berühmte "Kreuzberger Prügeltruppe" mit ihren Holz- statt Gummiknüppeln. Wenn die uns bei den Anti-Castor-Protesten rund um Gorleben gegenüber standen, haben wir auch lieber Abstand gehalten. Ich hab mich dort aber (z.B. vor dem Tor des Verladebahnhofs bevor die Laster losrollten) auch sehr gut mit Polizisten unterhalten und wir haben denen Blumen an die Uniform stecken können, ohne dass da gleich jemand ausgerastet ist. Die haben sich sogar die Mühe gemacht stundenlang Leute von der Strasse zu tragen, bis sie gemerkt haben, dass dieses Unterfangen sinnlos ist, weil die Leute sich am anderen Ende wieder auf die Strasse setzten. Und erst dann wurden die Wasserwerfer vorgefahren und die Leute im wahrsten Sinne des Wortes von der Strasse gespült. Und objektiv betrachet blieb ihnen auch kaum eine andere Möglichkeit. Das wollten wir damals zwar nicht so sehen und haben natürlich auch laut "Polizeigewalt" gerufen. Heutzutage betrachte ich das aber etwas anders.

Bei "Freiheit statt Angst" war ich ganz froh, dass der Schwarze Block relativ schnell abgetrennt wurde vom Rest der Demo, denn nur von denen ging Aggression aus. Ich kann jedenfalls sagen, dass zu meiner Zeit im Block die Provokation eher selten von der Polizei ausging, sondern von uns. Und später als "neutraler Beobachter" ist mir das noch viel mehr aufgefallen.

Natürlich gibt es Situationen, wo Polizisten austicken und es gibt auch Polizisten, die aus psychologischer Sicht für diesen Job einfach nicht geeignet sind. Aber immer alles der Polizei zuzuschieben ist dann doch etwas einseitig.
 
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