[TdW 37] Trennung von Kirche und Staat - nur eine Illusion?

Auf Vorschlag von Sven beschäftigt sich das Thema der Woche diesmal mit dem Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland:
Nach dem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts ist es nicht möglich aus der amtlichen Kirche auszutreten, ohne gleichzeitig (faktisch) exkommuniziert zu werden.
Jährlich sinkende Mitgliederzahlen und ein schwindender Rückhalt in der Bevölkerung, lassen die Kirchen inzwischen in einem ganz anderen Licht erscheinen, als sie dies früher taten.
Daher und gemessen an den, aus heutiger Sicht, zahlreichen Eskapaden der Kirchen, sowie ihrer Führungskräfte (Stichtwort: Missbrauchsfälle, Arbeitnehmerrechte,...) stellt sich die Frage, ob es nicht zwingend und überfällig ist, eine ernsthafte Diskussion über den Einfluss der beiden großen Deutschen Amtskirchen, sowie eine Änderung des Grundgesetztes, bzgl. der verbrieften Rechte der Kirche zu führen.
Obwohl das Grundgesetz eine klare Trennung von Kirche und Staat vorsieht, treibt der Staat die Kirchensteuer für die Kirche ein, gewährleistet den Religionsunterricht an Schulen und räumt den Kirchen zahlreiche Sonderrechte ein - daher die Frage: Ist die Trennung von Kirche und Staat (in Deutschland) nur eine Illusion?

Diese Links beschäftigen sich näher mit der Thematik (vor allem der Radiomitschnitt ist sehr hörenswert!):
Grundsatzurteil: Keine Kirchenmitgliedschaft ohne Steuer | Gesellschaft | ZEIT ONLINE
https://www.youtube.com/watch?v=Eu1f2xuC4Ts
 
Viele Katholiken in Deutschland würden es begrüssen, wenn die Kirchensteuer nicht mehr durch den Staat eingetrieben wird, da im Kanonischen Recht sowieso der Diözesanbischof für die Kirchensteuer verantwortlich gemacht wird (CIC/1983 Buch 5 Can. 1263).

Jene Sonderrechte, die angeblich nur der Kirche eingeräumt werden, sind übrigens für alle Religionsgemeinschaften gültig und wer sich fragt ob diese abgeschafft werden sollten, der sollte sich auch die Frage stellen ob Religionsfreiheit abgeschafft gehört. Im sogenannten "Kirchlichen Selbstbestimmungsrecht" ist nämlich von Religionsgesellschaften die Rede und nicht von den Kirchen.

Und im übrigen hat die DBK eindeutig klargestellt, dass ein standesamtlicher Austritt aus der Kirche nicht automatisch zur Exkommunikation führt. Die Leistungen der Kirche werden lediglich eingeschränkt, die das Mitglied in Anspruch nehmen darf. Und das ist ja wohl verständlich. Ich kann auch nicht einfach in einen Laden gehen und dort kostenlos mitnehmen was ich will, nur weil ich dort mal gearbeitet habe.

Aber solange knapp zwei Drittel der deutschen Bevölkerung in den römisch-katholischen oder den evangelischen Kirchen sind, wird sich Kirche und Staat kaum trennen lassen. Sonst müsste man die Bevölkerung vom Staat trennen, was unseren Politikern sicherlich sehr recht wäre, dem Volk aber (hoffentlich) nicht so ganz.
 
Illusion würde ja heißen, dass es zumindest den Anschein erweckt... ;)

Mal ein kurzer Faktencheck:
  • Unser Staatsoberhaupt ist Pfarrer.
  • Wir werden regiert von einer Parteienkoalition, in der 2 von 3 Parteien das "christliche" bereits im Namen tragen.
  • Der grundgesetzliche Amtseid mündet in "So wahr mir Gott helfe". Aus dem aktuellen Kabinett verzichtete lediglich Justizministerin Zypries auf diese Formel.
  • Die größte Oppositionspartei hat Arbeitskreise für Christen und Juden, verbittet es sich aber andererseits, einen Arbeitskreis für Laizisten zu gründen. Zur Erinnerung, Laizismus ist nichts weiter als die Forderung nach Trennung von Religion und Staat.
  • Den beiden Amtskirchen ist es gestattet, über konfessionsgebundenen Religionsunterricht an staatlichen Schulen frühzeitig - bereits vor der Religionsmündigkeit mit 14 Jahren - den Nachwuchs an sich zu binden.
  • Auch wenn konfessionelle Betreuungs- und Bildungseinrichtungen zu mehr als 80 % staatlich finanziert sind, erhalten die jeweiligen Kirchen das Recht, sogar ihren Hausmeister oder die Putzfrau danach auszusuchen, ob sie in ihrem Privatleben nach kirchlichen Moralvorstellungen leben.
  • Die Feiertagsgesetze der Länder schreiben auch konfessionsfreien Menschen vor, wie diese sich an den Stillen Tagen zu verhalten haben.
Die Liste ließe sich fortsetzen.

Sicherlich, im Vergleich zu einer Monarchie von Gottes Gnaden ist es in Deutschland schon recht weit gekommen mit der Trennung von Religion und Staat - wenngleich es für einen nicht unwesentlichen Teil der Bevölkerung in den letzten 20 Jahren eher wieder schlechter damit geworden ist.

Jene Sonderrechte, die angeblich nur der Kirche eingeräumt werden, sind übrigens für alle Religionsgemeinschaften gültig und wer sich fragt ob diese abgeschafft werden sollten, der sollte sich auch die Frage stellen ob Religionsfreiheit abgeschafft gehört.
Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Die Abschaffung von Kirchenprivilegien beispielsweise im Arbeitsrecht hindert keinen Menschen daran, seine Religion zu leben. Im Gegenteil, es ermöglicht Menschen die Wahrnehmung ihrer negativen Religionsfreiheit.

Aber solange knapp zwei Drittel der deutschen Bevölkerung in den römisch-katholischen oder den evangelischen Kirchen sind, wird sich Kirche und Staat kaum trennen lassen. Sonst müsste man die Bevölkerung vom Staat trennen[...]
Auch hier sehe ich nicht, wie aus dem einen das andere folgen soll. Der Glaube und damit auch Religion kann problemlos als Privatsache behandelt werden und damit aus dem öffentlichen Leben genauso verschwinden wie beispielsweise die sexuelle Orientierung. Ausleben kann's jeder trotzdem, aber man muss es ja nicht seinem Nachbarn ungefragt unter die Nase reiben oder damit auch noch Kinder belästigen, die sich nicht wehren können - sei es nun geistig oder auch körperlich (vgl. Beschneidungsdebatte).
 
jaja, die liebe Trennung von Staat und Kirche ... Kirche, wohlgemerkt nicht Religion, oder?

Beispiele für die Verbindung zwischen Staat und Religion braucht ich wohl keine mehr anführen, die liegen ja schon auf dem Tisch ... aber schauen wir sie uns mal genauer an:

Feiertage ... Ostern ... Weihnachten ... gesetzliche Feiertage ... mit gesetzlichen, also staatlich verordneten Auswirkungen auf das öffentliche Leben (also quasi die gesammte Bevölkerung)

Sind die nun ein Zugeständnis an die christlichen Kirchen? Bei Licht betrachtet wohl kaum: Ich wage mal die Behauptung aufzustellen, das im Falle einer Diskusion über die Abschaffung von Weihnachten es der religiösen Seite nicht an Rückendeckung seitens des Einzelhandels & Co. mangeln würde ... Edeka hat hier immerhin diese Woche die Weihnachtsfressalien in die regale gepackt, und so ein abgeschaffter Feiertag würde vermutlich die Feierlaune und damit den Konsum dämpfen ... und da haben wir noch gar nicht an den politischen Selbstmord bei den Wählerstimmen der arbeitenden Bevölkerung gedacht ...


Ich glaube es herscht allgemeiner Konsens darüber, dass gewisse religiös gestempelte Aspekte unseres Staates gesellschaftliche Anker in respektablen Größenordnungen haben, die sich nicht so ohne weiteres abschaffen lassen...


"Grüß Gott", "so wahr mir Gott helfe", "Oh mein Gott" ... oder weniger bekannt "tschüss" (wer jetzt gerade ein großes Fragezeichen sieht, dem sei Wikipedia & co nahegelegt) ... unsere Gesellschaft hat einen historischen religiösen Hintergrund, der sich nicht so leicht ablegen lässt, und mitunter mehr Einfluss auf das alltägliche Leben hatte oder noch hat als uns im allgemeinen klar ist ...

Ich denke die Trennung von Staat und Kirche, ist primär in sofern wichtig, als dass unsere Politischen Anführer nicht "von Gottes Gnaden" sind ... und ich hätte vermutlich auch keinerlei Bedenken, religiöse Indoktrinierung aus unserem Bildungssystem zu verbannen, aber ich bin Realist genug um zu sehen, dass der vollendete Trennung von Religion und Staat gesellschaftliche Wiederstände im weg stehen. Nun muss man jeweils abwägen wie "teuer" man sich die Trennung von Religion und Staat erkaufen will: die damit einhergehenden Gesellschaftlichen Konflikte sind Vermeidbar, auch wenn es eine Lange Zeit dauert:
Die meisten Leute vermuten hinter dem Wörtchen "tschüss" heute keine religiöse Motivation mehr ... die Motivation hat sich abgeschliffen. Ich vermute dass das mit der Zeit mit vielen religiös verwurzelten Dingen geschieht.

Die Motivation ist gleichzeitig auch der Punkt an der ich Die anzustrebende Trennung von Religion/Kirche und Staat festmachen würde:

Nicht die Herkunft eines religiösen Staatlichen Aspekts sollte ausschlaggebend sein, sondern die Motivation dahinter...

"5. Du sollst nicht töten" ... sollte vermutlich nicht aus dem Gesetzbuch gestrichen werden, weil es in den 10 Geboten erwähnt wird und damit ganz eindeutig einen religiösen Hintergrund hat ...

Religionsunterricht an Schulen ... sollte meiner bescheidenen Meinung nach bleiben: über Religionen sollte man etwas wissen ... man sollte nicht staatlich verordnet zum "gottesfürchtigen Christen" erzogen werden, aber ob es uns nun gefällt oder nicht, Religionen hatten und haben in der Menscheitsgeschichte ihren Platz. Auch Dinge wie Ethik und Moral gehören in den Schulunterricht.
 
Religionsunterricht an Schulen ... sollte meiner bescheidenen Meinung nach bleiben: über Religionen sollte man etwas wissen ... man sollte nicht staatlich verordnet zum "gottesfürchtigen Christen" erzogen werden, aber ob es uns nun gefällt oder nicht, Religionen hatten und haben in der Menscheitsgeschichte ihren Platz. Auch Dinge wie Ethik und Moral gehören in den Schulunterricht.

Religionsunterricht sollte auf jeden Fall bleiben, aber dann bitte auch richtigen Religionsunterricht und nicht "römisch-katholisch"-Unterricht. Ein grundlegendes Wissen über Religionen und Glaubensformen gehört zur Allgemeinbildung, da diese Dinge fundamentale Bestandteile unserer Gesellschaft und Geschichte sind. Es wäre dann aber eben nicht schlecht alle großen Religionen gleichwertig zu behandeln, Islam, Buddhismus, Hinduismus und Judentum kommen meiner Meinung nach eindeutig zu kurz. Im Gegenzug dazu schadet es nicht die Bibel-Paukerei einzugrenzen, denn das ist für die Allgemeinbildung wesentlich irrelevanter als die Grundzüge der großen Weltreligionen.

mfg benediktibk
 
Jene Sonderrechte, die angeblich nur der Kirche eingeräumt werden, sind übrigens für alle Religionsgemeinschaften gültig und wer sich fragt ob diese abgeschafft werden sollten, der sollte sich auch die Frage stellen ob Religionsfreiheit abgeschafft gehört.

Wieso das denn? Wo wäre denn das Problem Religionsgemeinschaften einfach eingetragenen Vereinen gleichzustellen? Die können ja auch Mitgliedschaftsbeiträge usw. festlegen.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Viele Katholiken in Deutschland würden es begrüssen, wenn die Kirchensteuer nicht mehr durch den Staat eingetrieben wird, da im Kanonischen Recht sowieso der Diözesanbischof für die Kirchensteuer verantwortlich gemacht wird (CIC/1983 Buch 5 Can. 1263).
Wirklich? Das gilt dann aber höchstens für die Basis, also einfache Gläubige, oder? Die meisten Kirchenvertreter kriegen direkt Schnappatmung wenn man andeutet, dass dieses Eintreiben der Kirchensteuer durch den Staat vielleicht einmal überdacht werden sollte. Ist ja auch verständlich - immerhin würde es die Kirchen eine Stange Geld kosten, wenn sie das selbst erledigen müssten.
Und wenn es gar die deutschen Bischöfe selbst wollen würden, wäre das Thema sofort vom Tisch - denn es handelt sich dabei um ein Privileg das die Kirche (oder die anerkannte Religionsgemeinschaft) in Anspruch nehmen kann, aber keineswegs muss. Die orthodoxen Kirchen beispielsweise verzichten in Deutschland meines Wissens nach ganz bewusst auf dieses Privileg. Aber mit Verzicht haben es die deutschen Bischöfe ja auch nicht so (das predigen sie lieber anderen), denn als Papst Benedikt während seines Deutschlandsbesuchs eine "Entweltlichung der Kirche" forderte, damit diese von "ihrer materiellen und politischen Last befreit" ihre seelsorgerische Aufgabe besser erledigen könne, haben die Bischöfe sich praktisch überschlagen um zu erklären, dass der Papst natürlich nicht meinte die Kirche sollte auch nur auf einen einzigen Cent aus staatlichen Quellen verzichten...:rolleyes:
Und wo Du gerade einen Diözesanbischof erwähnt hast - wusstest Du eigentlich, dass die Bundesländer jährlich um die 450 Millionen Euro für Kirchengehälter aufbringen? Ganz unabhängig von der Kirchensteuer?
Es gibt Schätzungen das der Staat den beiden Kirchen durch Verzicht auf Einnahmen (z. B. durch Steuerverzicht) und durch direkte & indirekte Subventionen jährlich etwa 15 Milliarden Euro überlässt.

bitmuncher hat gesagt.:
Und im übrigen hat die DBK eindeutig klargestellt, dass ein standesamtlicher Austritt aus der Kirche nicht automatisch zur Exkommunikation führt. Die Leistungen der Kirche werden lediglich eingeschränkt, die das Mitglied in Anspruch nehmen darf.
Eigentlich hat die Bischofskonferenz ein vom Vatikan bestätigtes Dekret verabschiedet, das einerseits dafür sorgen soll das man versucht ein letztes Mal auf Austrittswillige einzuwirken, andererseits aber festschreibt das es nicht möglich ist aus der "Institution Kirche" auszutreten und gleichzeitig Mitglied "geistlichen Gemeinschaft Kirche" zu bleiben. Das Dekret gibt es hier im Volltext, zusammgefasst kann man jedoch sagen, wer öffentlich seinen Austritt erklärt darf:
- nicht für die Kirche arbeiten
- kein Tauf- oder Firmpate sein
- keine (kirchlichen) Ämter oder Funktionen bekleiden
- nicht Mitglied in kirchlichen Vereinen sein
- nicht kirchlich bestattet werden
- die Sakramente nicht empfangen
Ewas überspitzt würde ich das so zusammenfassen: Kein Geld, kein Recht auf Erlösung...:D

@GrafZahl:
Es geht in diesem Thread ja nicht um die Frage ob alles, was irgendwie christliche Assoziationen weckt, aus der Gesellschaft verbannt werden sollte, sondern ob Kirche & Staat wirklich so getrennt sind, wie es das Grundgesetz vorsieht und wie es einem (angeblich) säkularen Staat eigentlich geziemen würde...;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Gegenzug dazu schadet es nicht die Bibel-Paukerei einzugrenzen
Ich weiß nicht ob das schon immer so gewesen ist, aber ich hatte in meiner Schulzeit nie eine Bibel in der Hand. Der Fokus meines Religionsunterrichts war eigentlich immer auf moralische und soziale Erziehung unabhängig von Religion gerichtet. Dafür dass der Unterricht römisch-katholisch genannt wurde, ist das Thema Gott eigentlich eher zu kurz gekommen.

Wieso das denn? Wo wäre denn das Problem Religionsgemeinschaften einfach eingetragenen Vereinen gleichzustellen? Die können ja auch Mitgliedschaftsbeiträge usw. festlegen.
Theoretisch wäre soetwas sicher denkbar, allerdings finde ich es persönlich ein wenig unpassend eine Glaubensgemeinschaft mit einem Sportverein gleichzusetzen, ist allerdings nur meine bescheidene Meinung. ;)

mfg
 
Theoretisch wäre soetwas sicher denkbar, allerdings finde ich es persönlich ein wenig unpassend eine Glaubensgemeinschaft mit einem Sportverein gleichzusetzen

Ist doch keine Gleichsetzung. Es gibt doch nicht nur Sportvereine.
Der CCC ist doch auch ein Verein. Und Mitglieder des CCC glauben beispielsweise an die Informationsfreiheit und ähnliches.

Warum sollte denn beispielsweise die christliche Glaubensgemeinschaft mehr Rechte und Freiheiten haben als eine Hackergemeinschaft, die für die Informationsfreiheit ist?
 
Ist doch keine Gleichsetzung. Es gibt doch nicht nur Sportvereine.
Der CCC ist doch auch ein Verein. Und Mitglieder des CCC glauben beispielsweise an die Informationsfreiheit und ähnliches.

Warum sollte denn beispielsweise die christliche Glaubensgemeinschaft mehr Rechte und Freiheiten haben als eine Hackergemeinschaft, die für die Informationsfreiheit ist?

Stimmt objektiv betrachtet hast du da recht. Das hängt natürlich davon ab wie man zu Glaubensgemeinschaften steht, jemand der sich zu seiner Religion sehr verbunden fühlt, sieht das ganze wahrscheinlich anders als ein Atheist. Und dann stellt sich halt die Frage was wollen wir alle, die den Staat ausmachen. Und da es in der Menschheitsgeschichte bisher so war, dass der Großteil des Volkes religösem Bekenntnis war, war die Kirche eben mehr als nur ein Verein. Heutzutage wo sich der Atheismus immer mehr an Beliebtheit erfreut, schaut die ganze Sache halt ein bisschen anders aus ;)
 
Kirche und Staat sind, nach der Idee des Unterfangens, grundsätzlich getrennt.

Man hat wichtige und elementare Entscheidungsbefugnisse die das Volk betreffen, im Sinne einer allgemeineren Rechtsreform, sehr erfolgreich getrennt. Heute wird ZB bei uns nach unserer Verfassung gerichtet, nicht nach kirchlichen Regeln (auch wenn, die GrafZahl bemerkte, es hin und wieder Überschneidungen gibt). Sprich, unser Staatswesen in Bezug auf unsere Pflichten und auch unsere Rechte, unterliegen einer weltlichen Gerichtsbarkeit, die versucht, nach allgemeiner Übereinkunft, so gerecht wie nur möglich zu sein. Und nichts anderes bedeutet eine Säkulierung.

Die populäre Diskussion läuft über das Wort "Trennung" und bezieht sich unreflektiert auf alle Bereicher unsere gesellschaftlichen Lebens. Wir haben eine solche Trennung in unserer Gesellschaft aber nicht, weil die Teile des kirchlichen Lebens - oder der christlichen Kultur - bei uns Konsens sind.

Die letzthin modern gewordene Haltung, die Kirche grundsätzlich als den Feind aller Vernunft und Redlichkeit zu verdammen ist letzten Endes auch der mangelhaften Bildung geschuldet - auch durch die Kirche mitverschuldet. Religionsunterricht, sofern sinnvoll angelegt, könnte da Abhilfe schaffen.

Ich habe jedenfalls noch keine "real issues" in diesem Zusammenhang indentifizieren koennen, welche unser Zusammenleben netagiv beeinflussen und die es zum Gegenstand einer Diskussion machen können, deren Ausgang Lösungen für bisher nicht klar indentifizierte Probleme anbietet.




Ist doch keine Gleichsetzung. Es gibt doch nicht nur Sportvereine.
Der CCC ist doch auch ein Verein. Und Mitglieder des CCC glauben beispielsweise an die Informationsfreiheit und ähnliches.
Wenn der CCC die naechsten 2000 Jahre gesellschaftliche Relevanz und Konsens beweist, wird man da sicher drueber nachdenken ;)
 
Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, und das fällt einem als Atheist eigentlich auch relativ leicht, ist die (kath.) Kirche nichts weiter als ein Verein mit anzuerkennender Gemeinnützigkeit. Wobei es sich aus meiner Sicht nicht ganz so einfach darstellen lässt, schließlich muss die über 2000 jährige Entstehungsgeschichte der christlichen Kirchen mit eingerechnet werden.
Kritisch gesehen sind wir heute, gerade in den jüngeren Generationen, nicht in der Lage das Verständnis aufzubringen, welches unsere Eltern und Großeltern noch gegenüber diesen Institutionen hatten, wobei ich meine, dass der hauptsächliche Grund hierfür darin liegt, dass wir - bislang - keinem Weltkrieg ausgesetzt worden sind, an dessen Ende wir quasi mit nichts als unserem Leben da standen. Nach solchen Situationen sehe ich es durchaus realistisch, dass Dinge wie Glauben und eine offene Hand viel in einem Menschen bewegen können, so dass dieser viele Verfehlungen hin nimmt. Wobei ich jetzt erst einmal nicht näher darauf eingehen werde, schließlich soll es hier um die Kirche und den Staat gehen.

Nach den dunklen Jahren des Mittelalters, wo die Kirche sehr großen Einfluss auf die Regierenden ausgeübt, diese zum Teil sogar gestellt hat, kam irgendwann Napoleon und hat, vereinfacht gesagt, den Kirchen erst einmal ihren Besitz weg genommen. Basierend auf diesen Geschehnissen ist dann die Weimarer Verfassung um die Artikel erweitert worden, welche wir heute in unser Grundgesetz übernommen haben, und welche den hiesigen Amtskirchen Ihre Sonderstellung eingebracht haben.
Was aus meiner Sicht hierbei zu Bedenken ist, wie auch schon zu Beginn dieses Posts gesagt, ist der jeweilige Zeitraum, in dem so ein Geschehnis statt findet.
Aus heutiger Sicht ist es ein Unding, dass ein Verein, wie die Kirchen, diese enormen Vorzüge genießen kann. Jeder Geschäftsmann träumt davon, Mitarbeiter wegen privaten Verfehlungen, die nicht mit den Guiding Principles des Unternehmens übereinstimmen vor die Türe zu setzen, oder mit 2% Eigenkapital mehr oder weniger das komplette Bestimmungsrecht über die Firma zu haben. (vgl. Radiokommentar im Anfangspost)

Was mich persönlich allerdings mit am meisten stört, ist der Religionsunterricht in allen algemeinbildenden Schulen der BRD. Meine Schulzeit ist noch nicht so lange her, unser Religionsunterricht bestand aus dem Wirken Jesu Christ, der Bibel, verschiedenen Abstechern im alten und Neuen Testament, Aufbau einer Messe, Auswendiglernen des Glaubensbekenntnisses und einem Vergleich verschiedener anderer Religionen mit dem katholischen Christentum.
(letzterer beschränkte sich ca. auf ein halbes Schuljahr)
Punkt 1 dazu ist, dass die Lehrer von der Kirche vorgegeben bekommen was zu lehren ist, aber vom Staat finanziert werden.
Punkt 2 ist quasi eine Gehirnwäsche von Unmündigen, je nach Lehrer natürlich, welche der Kirche Mitglieder zusteuert, welche ersteinmal nichts anderes kennen, bis sie vielleicht irgendwann einmal selbst beginnen zu Hinterfragen.
Der Lösungsvorschlag dafür ist recht simpel, Abschaffung des Religionsunterricht und der Ersatz durch eine Kombination aus Ethik und allgemeiner Religionslehre, an welchem zum einen alle Schüler unabhängig der Konfession teilnehmen können und zum anderen der eine breite Allgemeinbildung zum Ziel haben soll.

Zwei Worte noch zu dem Verlinkten Radiobeitrag, in diesem wird nicht nur darauf eingegangen, dass der Staat die Kirche unterstützt, und quasi, wenn man den Verzicht auf Einahmen durch Absetzbarkeit der Kirchensteuer (ca. 1. Milliarde €) und alle anderen Bezuschussungen aufwiegt auf eine Verdoppelung der Gelder kommt. Vgl. hierzu [1]
In manchen Bundesländern, wie Bayern, werden zudem Bischöfe direkt von Steuergeldern bezahlt, durch das Land bzw. den Staat, und der Verdienst eines solchen, schließlich ist er an den höheren Beamtendienst gekoppelt, ist nicht gerade gering.


Zusammenfassend möchte ich mit auf den Weg geben, dass das Thema zu groß und zwiespältig ist, als das man es mit einem Post losen könnte. Ziel sollte es einfach nur sein, eine breite Debatte in der Bevölkerung auszulösen, welche alle Bevölkerungsschichten erreichen soll.



[1] Startseite | Kirchensteuer.de - Die Kirche und unser Geld
 
Wenn der CCC die naechsten 2000 Jahre gesellschaftliche Relevanz und Konsens beweist, wird man da sicher drueber nachdenken ;)

Die Idee der Religionsfreiheit ist doch gerade, dass die Anhänger eines Glaubens gesellschaftliche Relevanz und Konsens nicht beweisen müssen. Die Relevanz für die freiwilligen Mitglieder ist sich selbst genügend.

Zählt man Katholiken und Evangelen nicht zusammen, so ist die größte Gruppe an Menschen in Deutschland konfessionslos.
Inwiefern kann denn dann noch von einem Konsens die Rede sein? Der Staat sollte allen Glaubensgemeinschaften gegenüber neutral sein.

Auch in der Schule sollte der Unterricht über Religionen sein; historisch, informativ, neutral, kritisch und rational.
Dagegen haben wir leider sogar heute noch oftmals die Situation, dass religiöse Inhalte im Unterricht unhinterfragt als Fakten dargestellt werden.
 
Die Idee der Religionsfreiheit ist doch gerade, dass die Anhänger eines Glaubens gesellschaftliche Relevanz und Konsens nicht beweisen müssen. Die Relevanz für die freiwilligen Mitglieder ist sich selbst genügend.
Müssen sie nicht, richtig. Aber der CCC hat nunmal keinen Konsens, der von der Gesellschaft 2000 Jahre durch die verschiedensten Epochen getragen wird :)
Aber darueber sollten wir in 2000 Jahren vielleicht nochmal reden.


Auch in der Schule sollte der Unterricht über Religionen sein; historisch, informativ, neutral, kritisch und rational.
Dagegen haben wir leider sogar heute noch oftmals die Situation, dass religiöse Inhalte im Unterricht unhinterfragt als Fakten dargestellt werden.

Da stimme ich dir zu. Allerdings eher im Sinne der Kirche: Die Kirche kann Ihre Ansichten heute nicht derart vermitteln und auf Nachwuchs hoffen. Und da bietet sich ein Riesenfundus an Geschichte an. Ich denke aber die Kirche sieht genau darin die Gefahr einer "verweltlichung" der Lehre, die eben mehr sein sollte als "blosse" Gesichte. Schwierig. Jedenfalls laeufts so, wie es jetzt ist, fuer beide Seiten unbefriedigend.
 
Aber der CCC hat nunmal keinen Konsens, der von der Gesellschaft 2000 Jahre durch die verschiedensten Epochen getragen wird :)

Die Konstruktion des Konsens musst du mir noch einmal genau erklären. Äußerlich wirkt es zwar so, als wäre die christliche Religionen eine konsequente und konstante religiöse Weltanschauung, die sich bis heute gehalten hat.

Andererseits hat sich so gut wie alles verändert und verändert sich immer noch. Wir halten keine Sklaven mehr, steinigen nicht und verbrennen auch keine Hexen mehr.

Die katholische Kirche hat eine Zeit lang Hitlers Geburtstag gefeiert, nach dem Krieg natürlich nicht mehr.

Es gibt unzählige Abspaltungen und Spinoffs vom Christentum, die kaum bis gar nichts mehr miteinander zu tun haben.

Wo ist der Konsens zur Frage des Kreationismus innerhalb des Christentums? Gibt es nicht.
Oder die Homosexuellenehe oder die Abtreibungsfrage?!

Wo ist der Konsens? Wenn der Konsens nur ist, dass es Jesus mal gab und der ein paar gute Sachen gesagt hat, dann reicht das sicher nicht als demokratische Basis für politische Entscheidungsprozesse. Und damit rechtfertigt sich letztendlich auch erst Recht nicht die heutige unzureichende Trennung.

Ich denke aber die Kirche sieht genau darin die Gefahr einer "verweltlichung" der Lehre, die eben mehr sein sollte als "blosse" Gesichte.

Sie darf auch gerne mehr als bloße Geschichte lehren - aber eben als private Institution, nicht in staatlichen öffentlichen Schulen.
Gibt es doch auch längst und nennt sich Konfirmationsunterricht.
 
+++ATH0 hat gesagt.:
Die Konstruktion des Konsens musst du mir noch einmal genau erklären. Äußerlich wirkt es zwar so, als wäre die christliche Religionen eine konsequente und konstante religiöse Weltanschauung, die sich bis heute gehalten hat.
Wobei wir auch nicht vergessen wollen das dieser angebliche Konsens, sofern es so etwas überhaupt gäbe, nicht friedlich zustande kam - große Teile Europas wurden mit mit dem Schwert zwangsbekehrt. Und wo immer es Abweichler oder Zweifler an der Natur des "Konsens" gab, hat die Kirche mit dem eisernen Besen gefegt...:rolleyes:

Und trotz allem existiert heute eine solche Vielzahl von unterschiedlichen Konfessionen, Sekten und Gemeinschaften, die sich als "christlich" bezeichnen, dass vermutlich nicht einmal gestandene Theologen alle kennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei wir auch nicht vergessen wollen das dieser angebliche Konsens, sofern es so etwas überhaupt gäbe, nicht friedlich zustande kam - große Teile Europas wurden mit mit dem Schwert zwangsbekehrt. Und wo immer es Abweichler oder Zweifler an der Natur des "Konsens" gab, hat die Kirche mit dem eisernen Besen gefegt...

Und du glaubst ernsthaft dass sich die Institution Kirche in einem Angst-Vakuum etabliert hat und das die immer noch währende Existenz darauf zurückzuführen ist, dass der Glaube mit dem Schwert eingeführt wurde (zumindest bzlg. Europa)?

Damit würdest Du aber die Mem-Idee vom Profi-Atheisten Dawkin torpedieren.

Es gibt auch Leute die glauben as Elvis Rassist war und das Jimmy Hendrix seine Konzerte auf LSD gegeben hat.
 
Und du glaubst ernsthaft dass sich die Institution Kirche in einem Angst-Vakuum etabliert hat und das die immer noch währende Existenz darauf zurückzuführen ist, dass der Glaube mit dem Schwert eingeführt wurde (zumindest bzlg. Europa)?
Warum buhlen wir dann heute nicht mehr um Thors Gunst, sondern rennen Jesus hinterher?
 
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