Chromatin hat gesagt.:
Im übrigen stimmt es nicht absolut dass Benedikt konservativ ist. er ist konservativ im Glauben. Das bezieht sich allerdings nicht auf seinen Wunsch, Veränderungen in der Kirche zu bewirken. Was ich sagen will: Das konservative an Benedikt bezieht sich NICHT auf institutionelle Fragen der Kirche. Wenn Du seine prä-päpstlichen Bücher liest, wird die Kritik Ratzingers an der Kirche ziemlich deutlich - sogar am Glauben selber, denn er schreibt relativ offen über eigene Zweifel und deren Überwindung.
Zunächst möchte ich zugeben das ich keine theologischen Schriften von Kardinal Ratzinger / Papst Benedikt gelesen habe. Da ich weder katholisch, noch religiös bin habe ich da auch wenig Interesse dran. Der Grund warum ich ich Laufbahnen und öffentlichen Äußerungen von Kirchenoberen trotzdem interessiert verfolge ist, dass die christlichen Kirchen schlichtweg auch politische Akteure sind.
Von daher war mir Kardinal Ratzinger schon ein Begriff, lange bevor er nach dem Tod von Johannes Paul in den Fokus der globalen Medien geriet. Als Kardinal fiel er mir vor allem durch Äußerungen auf, die ich als konservativ bezeichnen würde. Oft schlug er dabei in die selbe Kerbe wie ein Kardinal Meisner - auch wenn er sich im Gegensatz zu diesem stets eher diplomatischer, denn populistischer Rhetorik bediente.
Auch gab es immer wieder Dispute zwischen dem (damaligen) Bischof Lehmann und reformwilligen Bischöfen auf der einen und konservativen Bischöfen / Kardinälen wie eben Meisner und Ratzinger auf der anderen Seite.
Außerdem war Kardinal Ratzinger ja Präfekt der Glaubenskongregation (die Stellung die jetzt der konservative Kardinal Müller inne hat), die Aufgabe der Glaubenskongregation (auch als Inquisition bekannt) ist nun einmal der "Schutz" der katholischen Kirche vor "Häresien". Was glaubst Du steht bei so einem Job eher im Anforderungsprofil: Eine konservative oder eine für neue Ideen und Einflüsse offene Gesinnung?
Darüber hinaus war Kardinal Ratzinger ein enger Vertrauter von Papst Johannes Paul II. der eben auch als konservativer Papst gilt. Nicht erst nach dem Tod von Johannes Paul wurde immer wieder festgestellt wie harmonisch die beiden in allen wichtigen Belangen übereinstimmten. Das wäre aber ziemlich schwer, wenn der eine konservativ und der andere eher progressiv ist, oder?
Als Papst hat der dann z. B. bezüglich der (Wieder)Zulassung der alten Messordnung die Uhren auf die Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil zurückgedreht. Er hat auch Brücken zu erzkonservativen Gruppierungen wie den Piusbrüdern gebaut und z. B. die Exkommunikation von widerrechtlich (im Sinne des Kirchenrechts) geweihten Bischöfen der Piusbrüder aufgehoben. Ein starkes Signal der Annäherung an erzkonservative Kreise...
Das sind einige der Gründe warum ich sowohl Kardinal Ratzinger, als auch Papst Benedikt XVI. als konservativ bezeichnen würde.
Du sagtest dagegen er wäre zwar "konservativ im Glauben", aber nicht in Bezug auf institutionelle Fragen der Kirche. Ich denke nicht das man das so klar trennen kann. Die über Jahrhunderte enstandenen und oftmals verkrusteten Strukturen der Kirche sind ja auch stets mit Glaubensfragen begründet worden. Ich kann mir kaum vorstellen das man die katholische Kirche erneuern kann, ohne nicht auch ein paar alte Zöpfe in Bezug auf theologische Dogmen abzuschneiden - aber das müssen die katholischen Theologen unter sich ausmachen...
bitmuncher hat gesagt.:
Insgesamt zeigt der Prüfbericht aber, dass van Elst keineswegs der Alleinschuldige ist, wie es vom VVR und dem Domkapitel immer wieder behauptet und von der Presse dargestellt wurde. Es gab diverse Personen im Bistum, die von den Kosten wussten.
Warum sollte es den Bischof entlasten nicht der alleinige Verantwortliche zu sein? Abgesehen davon vergisst Du zu erwähnen, dass der Prüfbericht Tebartz-van Elst nicht nur als Hauptschuldigen betrachtet, sondern auch von Verstößen gegen das Kirchenrecht spricht.
In Kapitel 2 befasst sich der Prüfungsbericht mit der (kirchen)rechtlichen Bewertung der Vorgänge. In dem Zwischenergebnis, das als Fazit der rechtlichen Bewertung dient, werden 30 Punkte aufgelistet, von denen viele den Bischof ziemlich schlecht aussehen lassen. Es würde zu weit führen alle Zitate hier zu posten oder auch nur alle Beispiele anzusprechen (ich werde aber einen Link zum Prüfungsbericht als Volltext anhängen), daher sei nur angemerkt: Der Bischof höchstselbst verlangte von allen Beteiligen (dem Baumeister, dem Geschäftführer des Bischöflichen Stuhls, den Angestellten der Baufirma und den Mitglieder des Vermögens Verwaltungsrats) absolute Geheimhaltung der Baukosten (Punkt 26, Seite 51), auf
ausdrückliches Geheiß des Bischofs haben alle Beteiligten
keine oder falsche Angaben gegenüber der Öffentlichkeit und den diözesanen Mitarbeitern über die Höhe der Baukosten gemacht (Punkt 28, Seite 52).
Eine große Verantwortung für die Kostenexplosion sieht der Prüfungsbericht auch beim Bischof, da dieser zahlreiche späte Änderungen und teure Extravaganzen beauftrage. Als Beispiel möchte ich hier das Koi-Becken anführen (Koi sind extrem teure Zierfische), da es nicht nur als Extravaganz bezeichnet werden kann, sondern auch ein neues Beispiel für den flexiblen Umgang des Bischofs mit der Wahrheit dient. Laut dem Spiegel hat der Bischof nämlich auf Anfrage die Existenz eines Koi-Beckens ausdrücklich geleugnet, der Prüfungsbericht listet es auf Seite 82 jedoch als einen von vielen kostenteibenden Punkten (Preis 213.000€) auf.
Letztlich bleibt die Verantwortung von Tebartz-van Elst, dazu findet sich eine vielsagende Passage in der Zusammenfassung des Prüfberichts (S. 103), die ich hier in voller Länge zitieren möchte:
Der Bischof und der Generalvikar sind zum damaligen
Zeitpunkt überzeugt, eine Struktur ge-
schaffen zu haben, die auch nach außen absolute Ver
schwiegenheit garantiert. Sie gründen
damit jedoch ein, sowohl in die Öffentlichkeit als
auch zum Bistum hin intransparentes Sys-
tem. Der Bischof kann darin zwar ungehindert sein a
lleiniges Weisungsrecht ausüben, muss
aber auch die gesamte Verantwortung alleine tragen,
wenn er die Leitungsinstrumente, die
mitverantwortlichen Gremien und die Kompetenzen aus
der Verwaltungsbehörde nicht mehr
zur Verfügung hat bzw. sich nicht zu Nutze macht.
Vor diesem Hintergrund: Warum ist Tebartz-van Elst jetzt ein unschuldiges Opfer, das als Sau durchs Dorf getrieben wird?
Es geht nicht um den Neubau, nicht einmal um die explodierten Kosten: Es geht primär um Verschleierung, Halbwahrheiten und Lügen - Dinge womit sich dieser Bischof scheinbar bestens auskennt...

Übrigens prüft, meines Wissens nach, die Staatsanwaltschaft gerade ob neben den Verstößen gegen das Kirchenrecht auch gegen rein weltliche Gesetze verstoßen wurde.
Hier der Link zu dem Prüfungsbericht:
http://www.dbk.de/fileadmin/redakti...e_2014/2014-050b-Abschlussbericht-Limburg.pdf